Stivale Italiano 2025 Teil 7

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Montag 22.09. Emilia-Romagna, Lombardei

Ein letzter Blick in die Wetter-APP: Am Dienstag soll es in Italien auf der Südseite der Alpen noch regnen, auf der Nordseite sollte es bis wir nach Hause kommen, trocken bleiben. Erst am Abend soll es bei uns regnen, d.h. wir können im trockenen die Sachen aus den Fahrzeugen ins Haus bringen. So der Plan.

Ein Blick aus dem Fenster, die Sonne kommt langsam hoch. Aber die Wolken, die wir nahezu nie zu Gesicht bekamen, bedecken den Himmel.

Ab zum Frühstück, dass wie immer betörend gut ist.

Alles ins Auto verladen, den Anhänger anschließen und wir müssen uns leider von den Leuten vom Hof verabschieden. Es fällt uns unheimlich schwer, so gut hat der Urlaub, aber auch der Hof uns gefallen. Langsam fahren wird die Strecke zur Hauptstraße runter. An einer Tanke nochmals schnell in den Hänger geschaut: Alles ist an seinem Platz.

In Faenza suchen wir noch einen Obst- und Gemüseladen, denn wir brauchen Nektarinen und Knoblauch, Sachen, die wir nicht im Supermarkt kaufen. Rechts erkennen wir so einen Laden, ich kann mein Gespann halbwegs ordentlich, aber natürlich illegal, anhalten. Warnblinker an, wie es alle hier machen und ich warte, bis Isabella mit dem Einkauf zurückkommt. Das Lachen in ihrem Gesicht verrät mir, dass sie erfolgreich war. Alles wird verstaut und es geht auf die Autobahn.

Das Wetter hält sich besser und vor allem trockener, als vorausgesagt.

Es geht an Bologna vorbei und wir befinden uns auf dem Weg nach Mailand. Es fängt an leicht zu tröpfeln. Das Navi meint, dass wir östlich von Mailand den Weg nehmen sollen, es gäbe eine Sperrung. Machen wir, aber im Gegensatz zur Westumfahrung ist diese Mautpflichtig. Dafür wunderbar leer. Bis wir auf die Nordtangente kommen, wir stehen bzw. kriechen unendlich langsam vor uns hin. Wieder eine Mautstation, ein fröhliches und bekanntes Durcheinander an den Schlangen. Lange, wirklich lange Schlangen – nur die Bahn für das kontaktlose Zahlen ist frei. Wir fahren durch und sind froh um unsere graue Maus.

Es geht an Monza vorbei in Richtung Lecco, vor dem Comer See dann in westliche Richtung nach Como. Alles ist richtig nass hier, d.h. es muss vor kurzem kräftig geregnet haben. Noch ein kurzer Stopp, dann kommen wir an unsere Unterkunft. Zumindest an die Zufahrt. In der Beschreibung wird von einem Schotterweg über 700 Meter gesprochen. Wir sind ja einiges gewöhnt, aber am Eingang zu der Zufahrt erwartet uns das Bild:

Über den Weg läuft heftig das Wasser herunter. Wir nehmen allen Mut zusammen und fahren den Weg entlang. Auf dem Hof können wir das Gespann in einer Ecke angekoppelt stehen lassen.

Nach dem Einchecken erkunden wir den Hof. Ziegen, Kühe und Pferde werden hier wohl gehalten, aber dem nassen Wetter trotzen sie dann doch lieber im Stall.

Wir bestellen uns ein Willkommenswein, etwas Antipasti wird gereicht. Wir werden dieses Land wieder vermissen.

Die Sonne scheint nochmals durch und gibt über dem Feld ein eigenes Licht.

Der letzte Abend, wir gehen nochmal in das Restaurant, auch wenn die Waage das nicht gut finden wird.

Das letzte Mal den Wecker stellen, morgen ist endgültig Schluss.


Dienstag 23.09. Italien/Lombardei, Schweiz, Deutschland

Der gestern gestellte Wecker wirft uns wieder aus dem Bett. Das Frühstück ist recht gut, wie immer gibt es für uns Cappuccino. Wir packen alles ins Auto und verlassen den Hof wieder auf dem Weg, auf dem gestern das Wasser einen tiefen Eindruck hinterlassen hatte. An einer Stelle, dort mussten wir gestern schon vorsichtig herumfahren, sieht der Weg so aus, als ob ein Teil davon abgetragen wurde. Der Hänger nimmt das alles unbeeindruckt mit, mir geht es nicht ganz so gut.

Wieder auf der Straße, d.h. wieder festen Boden unter den Rädern, geht es in Richtung Como. Das Wetter ist sehr bewölkt und schnell noch das Auto mit dem günstigen Sprit aufgetankt – die Schweiz ist doch recht teuer. Weiter verläuft die Strecke am Comer See entlang, bei dem trüben Wetter eine triste Angelegenheit. Der Berufsverkehr um 9 Uhr morgens macht es nicht besser.

Es geht wieder auf die bekannte Autobahn Mailand-Chiasso. Um Como herum sollen Teile der Strecke unbeschrankt als Mautstrecke ausgewiesen sein. Schon piept unsere graue Maus, hier gibt es schon mal kein Ticket im Nachgang.

An der Grenze, wir sind überrascht, wie leer die ist, kommen wir ohne Kontrolle durch. Warum alle anderen sich in die erste Spur einfädeln, kann ich nicht erkennen, aber dort wird immer wieder raus gewunken. Bei uns steht niemand. Wieder auf der Rennstrecke, stelle ich den Limiter auf die max. Geschwindigkeit ein, nur kein Knöllchen riskieren.

Es wird immer dunkler, der Regen nimmt an Stärke zu, teilweise ist die Straße schlecht erkennbar. Links und rechts kommt das Wasser die Felswände heruntergeschossen.

Je weiter wir an den Gotthard-Tunnel kommen, umso stärker wird der Regen.

Ja Wahnsinn, selbst am Tunneleingang müssen wir nur rund 8 Ampelphasen warten, schon sind wir im Tunnel. Wie weit vor dem Tunnel hatten wir schon gestanden und wie viele Ampelphasen in teilweise brütender Hitze abgewartet?

Im Tunnel das letzte Bild, hier sind es nochmal 32 Grad Außentemperatur. Solche Werte werden wir wohl so schnell dieses Jahr nicht mehr sehen.

Das Tunnelende kommt näher, das trockene Wetter hat sich erledigt, denn auch hier regnet es. Ein Rastplatz wird angesteuert und es gibt für jeden ein belegtes Brötchen. Wir vermissen die frisch gemachten Panini und die Sonne. Es hört auf zu regnen, welch Wunder. Luzern, Zürich mit seinen erwartbaren Staus und dann erscheint Schaffhausen auf den Schildern: Die deutsche Grenze ist nicht mehr weit. Auch hier werden wir durchgewunken und können es kaum glauben. Noch ein kurzer Halt hinter der Grenze, dann geht es auf die A81 in Richtung Stuttgart. Die Fahrt verläuft ohne Ereignisse, im Kopf haben wir die Bilder des Urlaubs, die das triste Wetter draußen etwas vergessen lässt. Am Flughafen geht es rechts ab, wir sind auf der Zielgeraden.

Zu Hause angekommen, der Himmel verdunkelt sich wieder, wird alles außer dem Motorrad aus Auto und Hänger in Sicherheit gebracht. Das Motorrad muss noch ein paar Tage warten, bis es schöner ist. Im Haus ist es kalt, die Heizung muss angeworfen werden.

Alles ist versorgt und wir fallen uns in die Arme: Der Urlaub war ein voller Erfolg. Und das uns das schlechte Wetter erst auf den letzten zwei Tagen erwischte, empfinden wir als Glücksfall.

Später schaue ich noch in die Nachrichten: Unwetter mit Überschwemmungen am Comer See, zwischen Mailand und Chiasso und auf der Südseite des Gotthards. Alles Strecken, auf denen wir vor ein paar Stunden noch unterwegs waren. Man kann es schlechter erwischen.


Fazit

Nun der vielleicht spannendste Teil: Was haben wir aus dem Urlaub mitgenommen? Es hat einen irren Spaß gemacht. Physisch anstrengend, keine Frage, aber psychisch im Kopf herrschte komplette Entspannung. Dadurch, dass wir vor allem auf leeren Straßen unterwegs waren, konnten wir uns bestens mit der Umgebung auseinandersetzten. Und mit einem Motorrad kann man kurz, teilweise auch illegal an vielen Stellen halten und die Gegend betrachten. Das wäre mit anderen Transportmitteln, zu Fuß mal außen vor, nicht ohne weiteres zu machen gewesen.

Wir hatten tolle Begegnungen mit aufgeschlossenen Menschen, denen wir in vielen unterschiedlichen, aber sehr interessanten Landschaften begegnet sind. Jede dieser Ecken ist eine Wiederholung wert, besonders angetan waren wir vom Gargano und das Gebiet rund um den Gran Sasso. Nur Kalabrien, d.h. die Stiefelspitze, hatten wir etwas ausgelassen, was definitiv mit einem eigenen Urlaub nachgeholt wird.

Zu zweit auf engstem Raum 14 Tage auf einem Moped gemeinsam unterwegs zu sein, muss man wollen. Wir haben es sehr genossen, im wahrsten Sinne des Wortes, so eng aufeinander zu sitzen. Das wir An- und Abreise mit dem Hänger gemacht haben, war eine sehr gute Entscheidung, denn so konnten wir uns auf den Hauptteil konzentrieren. Die Unterkünfte vorab zu buchen macht das tägliche Ankommen sehr entspannt. Gut, eine gute Planung der Tagestouren, mein Teil, und das Aussuchen der Unterkünfte, Isabellas Teil, sind in dem Fall natürlich unabdingbar. Das ist nicht mal eben gemacht, sondern verlangt schon viel Recherche und Zeit, vor allem alle Unterkünfte auf die eigenen Belange auszusuchen. Da geht ein ehrfürchtiges und sehr großes Lob an die Dame an meiner Seite, auf die ich mich immer verlassen kann.

Und das das Wetter immer mitgemacht hat, ist natürlich ein weiterer Grund, dass die Reise zu einem Erfolg wurde.

Würden wir das wieder machen? Klar, wenn die Physis das zulässt, sofort.

Und das Motorrad? Das hat einfach gemacht, wozu es gebaut wurde: Es fuhr und fuhr und fuhr … und wird für weitere Urlaube herhalten müssen.

Einen Punkt, den wir vorab so nicht gesehen hatten: Wir haben ja auf der Hinreise als auch auf der Rückreise jeweils Doppelübernachtungen eingeplant, wo Auto und Hänger untergestellt waren. Diese Zeit würden wir wieder mit einplanen, denn vor allem auf der Rückreise nicht gleich auf die Strecke gehen zu müssen, sondern sich nochmals mit der Tour auseinandersetzen zu können, war ein echter Luxus. Wenn dann, wie in unserem Urlaub, die Unterkunft so Klasse ist, dass man während der Rundfahrt sich schon auf das Zurückkommen freut, hat man alles richtig gemacht.

Die zwei Reisenden


Der Autor bei seiner konzentrierten Arbeit