Französische Alpen – Piemont 2023

Wie jedes Jahr musste auch für dieses Jahr ein Herbst-Urlaubsziel gefunden werden. Da ich ein kleines Büchlein über die Route des Grandes  Alpes von der Dame des Hauses unter dem Weihnachtsbaum zugesteckt bekam, lag es doch nahe, die Idee in die Tat umzusetzen. Für eine Schnuppertour in die Gegend sollte eine Woche reichen, d.h. es wurde ein Ort als Sternpunkt gesucht.  Als Behausung in Frankreich steht ein Hotel in der Nähe von Chamonix zur Verfügung, Platz für das ganze Equipment wurde vorab angefragt. Für die weiteren zehn Tage wurde ein Agriturismo im Piemont ins Auge gefasst.


Frankreich 2023

Samstag 09.09.2023

4:30h, wir werden aus dem Bett geschellt, unerbittlich treibt uns der Nervtöter ins Bad. Frühstück Fehlanzeige, zumindest bei mir, die andere Seite gönnt sich einen heißen Kaffee. Nach dem Reinigungsakt werden alle Taschen im Auto verstaut, eine Kiste mit Küchenutensilien finden auch noch Platz, Motorradklamotten im Hänger neben dem Moped, welches am Tag zuvor kunstvoll darin verzurrt wurde, untergebracht. Die Zugmaschine davor gespannt, die Protagonisten reiben sich den letzten Schlaf aus den Augen und kurz vor 6 setzt sich der Tross in Bewegung. Es fängt langsam an zu dämmern, aber bei 16 Grad kommen fast sommerliche Gefühle hoch.

An der Schweizer Grenze werden noch das Zugpferd und der Nachlauf jeweils mit einem Etikett veredelt, weiter geht es nun auf Schweizer Straßen. Immer schön auf die Geschwindigkeit achten, das schont die Urlaubskasse.

Schaffhausen, Zürich, Basel und Bern werden gestreift, weiter in Richtung Lausanne. Nun weicht das Navi von der mir bekannten Strecke ab in Richtung Creyerz, die elektronischen Helferlein wissen ja alles besser – es ergibt auch noch eine Verkürzung in Zeit und Strecke. Der nächste Stopp erfolgt auf einem Autobahnrastplatz Namens Lac de Creyerz, also Käsesee. Wir werden auf die linke östliche Seite der Autobahn direkt an den See geführt, ein wunderschöner Platz.

Das von zu Hause mitgebrachte Frühstück wird mit einem Kaffee von der Tanke (richtig gut) in der Sonne vertilgt. Der Urlaub beginnt schon mal so, wie wir es lieben. Mit einem Blick auf den Parkplatz, wir stehen zwischen zwei dicken LKW, wird immer wieder klar, wie niedlich unser Gespann eigentlich ist.

Weiter geht es, Lausanne bleibt rechts liegen, der Genfer See liegt vor uns und die Strecke führt in Richtung Sankt Bernard und Italien. OK, das Navi führt uns rechts vom See statt oben rum, wir sparen ein paar Kilometer französische Autobahngebühren. Es geht bei Martigny rechts ab in Richtung Trient, doch ein kleines Hinweisschild irritiert mich: Pass ouvert. Ah non, es geht mit einigen Kehren bergauf mit gut 8 % Steigung, der Motor quält sich mit dem Hänger etwas (der alter Diesel konnte das besser), aber vor allem die Spritnadel wackelt recht tapfer in Richtung rotes Feld. Eigentlich war der Tankakt erst am Zielort vorgesehen, eigentlich.

Auf halber Strecke zum Pass geht es in eine Parkbucht, es wird gehalten. Einmal, um etwas zu essen, aber auch, wo die nächste Tanke sein könnte. Das Navi spricht etwas von 6 KM in Zielrichtung, wir vertrauen mal dem Teil.

Weiter geht es über den Pass, die 6 KM sind spannend, aber am Grenzpunkt Schweiz – Frankreich finden wir eine verwaiste Tanke mit Kartenzahlung. Auch weitere, meist Motorradfahrer, kreisen um die Tanke, die kein Bargeld annimmt. Wehe denen, die keine Kreditkarten mit Karten-PIN ihr eigen nennen.

Nächste grosse Stadt ist Chamonix, zur linken Hand die Sprungschanze, welche auf dem Stadtring umfahren wird. Kurze Zeit später wird bei Passy links in unser Tal in Richtung Saint Gervais des Bains abgebogen und die letzte Etappe der Strecke beginnt.

Am Zielort angekommen, es herrscht jede Menge Platz für einen unerfahrenen Gespannfahrer, werden die Fahrzeuge kunstvoll abgeparkt – das Motorrad wurde gleich aus seiner Behausung befreit.

Das Zimmer geentert, die Klamotten so verteilt, dass nichts wiedergefunden werden kann und ab in den Garten, in dem uns zwei schöne kühle Bierkrüge in Empfang nehmen. Was für eine Kulisse mit den Bergen um uns herum. Blauer Himmel, gute 28 Grad Wärme und ein schönes Fleckchen Erde zum geniessen.

Schnell noch etwas Baguette mit Käse in dem Ort gekauft, einen heimischen Wein aus dem Hänger geholt und alles in aller Ruhe genossen. Das Leben kann schon wirklich schön sein. Gegen später noch ein kurzer Spaziergang in die Stadt, um auf dem Rückweg noch einen Pastis in der untergehenden Abendsonne zu genießen. Spät wird es nicht, als die Augen zufallen.


Sonntag 10.09.2023

7:00, das bekannte Geräusch treibt uns aus den Betten. Das Frühstück ist gut, der Jogurt ganz mein Ding und der Kaffee schön heiß. So fängt der Tag wirklich perfekt an. Wir wollen den Tag gemütlich angehen und mit einer kleinen Strecke beginnen.

Doch was wurde am Abend zuvor vergessen? Das Navi für die erste Tour vorzubereiten. Also Karte in die Hand und dem Navi die Ziele eingeben. Es geht von uns aus wieder zurück aus dem Tal und dann links ab in Richtung Megève. Es ist noch recht frisch, die Sonne fängt gerade an, die Welt zu erwärmen. Aber die ersten Eindrücke sind schon richtig gut, nach jeder Ecke sehen die Berge anders aus. Und die ersten Motorrad-Horden kommen uns entgegen – oder überholen uns. Wie aus der Erinnerung, jede Menge Kurven und Tunnel sind zu durchfahren.

In Flumet rechts ab entgegen der Route de Grandes Alpes, die eigentlich vom Genfer See aus in den Sünden bis Nizza bzw. Menton hinunterführt. Erster Haltepunkt ist der Col des Aravis mit 1.486 Meter Höhe. Bei bestem Wetter und noch wenig Menschen geniessen wir den Anblick in die verschiedenen Richtungen. Eine Kirche am Wegesrand, den Reisenden gewidmet, bietet für den der will auch Kerzen an, aber 5 Euro pro Stück schrecken dann doch eher ab, d.h. es muss wieder in das Vertrauen des Fahrers gesetzt werden. Der tut sein Bestes.

Weiter in Richtung Saint-Jean-de-Sixt, die Strecke ist traumhaft ausgebaut, in der Erinnerung war der Asphalt eher rau, fährt es sich wunderbar. Die Dame hinten drauf ist schwer begeistert, die Gegend hat es ihr angetan.

Es geht links ab in Richtung Westen, unser Tagesziel heißt Annecy. Annecy kenne ich als Durchgangsort aus der Zeit, als ich von Freiburg bzw. Singen und später auch aus Stuttgart kommend in Richtung Provence Avignon unterwegs war. Die Schweizer Vignette war günstiger als die französischen Autobahngebühren und so führte mich der Weg über Genf und Annecy auf Landstraßen durch das Gebirge in Richtung Rhonetal. Und dann kommt man auf dem Nordrings an Annecy vorbei – was kein schöner Anblick war. Heute kommen wir von Nord-Osten aus in die Stadt, und zwar direkt an der nördlichen Uferpromenade des Lac d´Annecy entlang. Wirklich überraschend war, dass die Straße fast am See entlang geht, aber auch die Grünstreifen von den Menschen genutzt werden können, um Sonne und Wasser zu genießen.

Je näher wir der Innenstadt entgegenkommen, umso voller werden die Straßen. Dann begreifen wir das Ereignis: Es findet ein Staffellauf statt, bei dem ein Partner mit dem Fahrrad fährt und der andere Partner läuft. An bestimmten Stellen werden dann Stafette plus Fahrrad getauscht und es geht parallel weiter. Frauen, Männer und gemischte Paare sind unterwegs, teilweise in interessanter Verkleidung. Zwei junge Kerle laufen in pastellfarbenen Tüll, hat was.

Wir quälen uns durch den Verkehr, es staut immer mehr. Wir beschließen zu wenden und es wird ein Parkplatz in einer Seitenstraße angesteuert, der aus dem Augenwinkel etwas versteckt vorab entdeckt wurde. Die Körper sind gut durchgeglüht, die vorherrschende Farbe im Gesicht geht in Richtung rot und die ersten Tropfen Wasser aus dem gut gewärmten Tankrucksack verdunsten auf der Stelle.

Aber wir stehen direkt am Ufer, stehen unter Bäumen, können dem Treiben der Athleten greifbar nahe miterleben und können unser Glück noch gar nicht fassen, weil geplant war das natürlich nicht. Eigentlich hatte ich an eine schöne Gastwirtschaft mit Stühlen und kühlem Getränk im Auge gehabt, hier muss man froh sein, einen Stehplatz zu ergattern.

Ein Blick auf die Uhr offenbart, dass wir noch etwas Zeit haben und so wird das Navi noch auf einen Umweg umgestellt. Es geht westlich am See entlang bis zum südlichsten Punkt, dann wieder links dem See östlich entlang bis nach Talloires, um wieder nach rechts hoch auf den Col de la Forclaz  zu fahren. Unterwegs können noch Gleitschirmflieger gesichtet werden – welche Kulisse da oben wohl sein wird?

Etwas viel Verkehr, jedoch eine tolle Strecke am See entlang, später geht es hoch und wir halten wieder am „Gipfel“. Ein kühles Cola unter einem großen Sonnenschirm bringt etwas Abkühlung in unsere Körper.

Weiter geht es in Richtung Süden, die Strassen werden langsam immer schmaler und nach einer Abbiegung, das Navi hat hoffentlich Recht, geht es in den Wald. Straßen, die wir lieben, auch wenn einem nicht klar ist, ob nach der nächsten Kurve nicht doch die Straße in einem Wohnzimmer endet.

Nicht jeder Abzweig findet sich im Navi wieder, die Wegefindung ist ab und zu intuitiv – eben dann auch mal an der Scheune eines Bauern, umdrehen ist angesagt.

Dennoch macht die Strecke tierisch Spass, wir kommen auf unsere Kosten. Hinten drauf wird die Landschaft aufgesogen.

Am Ende der Strecke finden wir uns in der Nähe von Albertville wieder, von dort aus geht es auf schnellem Fuß in Richtung Heimat. Statt der 160 vorgesehenen KM wurden es dann doch 210 KM, für den ersten Turn schon ganz gut. Viel gesehen, viel genossen und doch schöne Strecken gefahren.

Zu Hause angekommen, springt die Dame erst mal in den Swimmingpool des Hotels, ich mache mal ein paar Bilder von den Bergen. Abends geht es ins Restaurant. Wir sind ja in einem Käsegebiet (Haut Savoie) und auf der Karte wird ein Käsefondue angeboten. Welche Frage, das muss einfach sein – was für ein Genuss!!!

Der Himmel verfärbt sich wieder besonders kitschig, was will man mehr von einem Tag.


Montag, 11.09.2023

Tja, was will man mehr, das war ja die Frage des Abends zuvor. Man will, in unserem Fall wollten wir einen Teil der Grandes-Alpes Strecke  abfahren und mind. einen großen Col bewältigen. Es darf nur nicht vergessen werden, dass wir abends wieder zurück sein müssen, d.h. die Strecke muss in halber Zeit erreicht werden – oder eben mit einer alternativen Strecke schneller zurück überbrückt werden. Das Ziel stand fest, die Alternativen wurden schon zu Hause diskutiert. Also zwei Strecken programmiert. Das Ziel? Ah, ja, klar, das wurde noch nicht erwähnt. Es wird der Col de L‘Iseron mit über 2.700 Meter Höhe.

Morgens das gleiche Ritual wie am Vortag. Die Gipfel werden teilweise von der Sonne angestrahlt, welch ein Ausblick aus dem Fenster

Dann auf die Kiste und erst mal an der nächsten Tanke Sprit geholt. Kurz über den Preis gestaunt, eine Alternative gab es nicht und ab geht die Post.

Wieder über Megève (hier ist der Sprit noch teurer) und danach links auf den ersten Col de Les Saisies. Wobei der Abzweig nicht gleich erkennbar war. Ich verfahre mich, aber meine Frau bringt mich auf den richtigen Weg zurück.

Wieder auf kleinen Straßen geht es hoch hinauf. Irgendwann kommen wir an der Abbiegung vorbei, an der vermutlich der von mir gewählte Weg hinzukommt. Die Lichtverhältnisse ergeben tolle Schattenspiele, aber mit jedem Höhenmeter wird die Luft auch kühler. Mit wenig Verkehr machen die Straßen einfach viel Spaß, ein Motorradfahrer hängt sich an uns dran und folgt uns. Am Pass Les Saisies angekommen wird eine kleine Pause  eingelegt und die Landschaft aufgesogen.

Weiter geht es in Richtung Hauteluce. Am Ortsende Ende Gelände, Strasse gesperrt. Ein Mini Hinweisschild mit dem Namen „Deviation“ verrät uns eine alternative Strecke. Mit vielen Kurven geht es nach unten, sehr reizvoll. Im Nachgang betrachtet scheint das die interessantere Strecke gewesen zu sein.

Ab in Richtung Beaufort, ein kleines Städtchen mit einer Durchfahrt, die mehr an eine Fußgängerzone erinnert – zumindest kreuzen Urlauber wahllos die Straße. Nach der Ortschaft geht es steil den Berg hoch, immer wieder kann man in das Tal zurücksehen, aus dem wie heute angereist sind. Meter um Meter geht es hoch, die Temperaturen fallen leicht, sind aber angenehm, bis wir am Scheitelpunkt angekommen sind: Lac de Roselend.

Was für ein Anblick, was für eine Wasserfarbe. Aber vor allem, welch tolle Landschaftsspiegelungen sich im See abzeichnen. Wir sind völlig fasziniert ob dem Spektakel – und eigentlich könnten wir hier einfach aufhören und genießen.

Einige Bilder weiter geht es um den See weiterhin bergauf, so können wir den See nochmal von der anderen Seite betrachten.

Nächstes Ziel ist in Richtung Bourg Saint Maurice, kurz davor ist der Abzweig zum kleinen St. Bernard. Zudem habe ich mit einem Bekannten damals, als wir die gesamte Strecke gefahren sind, einen Abstecher zum Pass unternommen. Heute aber nicht.

Der nächste kurze Stopp dann am Stausee in Tigne, eines der scheußlichsten Ecken der Strecke. Muss man einfach gesehen haben. Auch wenn der Ort Les Boisses sehr schön am Abhang gelegen ist.

Val d’Isere ist auch eines der Wintersportorte, die im Sommer komplett ausgestorben sind. Die zwei, drei offenen Restaurants machen dann mit den Touristen ihren Schnitt, wir fahren durch. Denn unser Ziel ist nicht mehr weit.

Über viele Kurven und Serpentinen schlängelt sich die Strasse hoch, an vielen Ecken kann wieder ein toller Blick ins Tal zurück geworfen werden. Langsam nähern wir uns der Baumgrenze, dennoch grasen Kühe am Wegesrand. Und dann ist die Vegetationsgrenze nahezu erreicht, stattdessen herrscht Schotter vor.

Oben am Col de L‘Iseron angekommen stellen wir die Kiste ab.

Wolkenloser Himmel, gut kühl und glücklich, unser Ziel erreicht zu haben. Aber es ist Montag, nichts hat offen (wir wollten eigentlich hier etwas einnehmen) macht sich etwas Frust breit. Was machen? Zurück über die gleiche Strecke und in Val d‘Isere pausieren oder doch weiter? Wir schauen uns in die Augen, die Neugier siegt, das Navi bekommt ein neues Ziel: Lac du Mont Cenis – wir mögen einfach Berggewässer.

Ab auf die Kiste, es geht bergab. Meter für Meter wird es wärmer und es geht hinab in das nächste Tal. Auf der anderen Talseite ist ein grün bewachsener Serpentinenweg erkennbar – ich beneide die Kühe und Ziegen, die den Weg wohl nutzen, nicht.

Unten angekommen wollen wir in Bonneval sur Arc eine Gastwirtschaft suchen. Gleich am Anfang finden wir was, aber von hinten kommt das eindringliche Zeichen zur Weiterfahrt. Wo keine Besucher erkennbar sind, ist das meist kein gutes Zeichen.

Am Ortsende dann eine weitere Gastwirtschaft, es stehen Motorräder herum und eine schöne Außenbestuhlung locken. Abgeparkt, Navi in den Schlaf geschickt und zwei Stühle geentert. Die Karte, wie in Frankreich üblich, nicht lesbar. Was uns auffällt ist, dass hier überall die Menschen mit englisch aushelfen, also die Bedienung um Hilfe gebeten. Es klappt, wir bestellen heiße Würstchen mit Pommes, wir bekommen sogar jeweils zwei verschiedene Sorten. Perfekt, ein kleines Glas Weißwein dazu, eine große Flasche Wasser und am Schluss einen Espresso! Die Welt kann so einfach, einfach schön sein.

Ich habe eine sehr zufriedene Frau mir gegenüber sitzen, sie ist von der Umgebung völlig angetan – wir werden auf jeden Fall die gesamte Strecke  mit dem Motorrad abfahren, aber viel Zeit mitnehmen. Ich bewundere ihr Durchhaltevermögen hinten auf dem Motorrad, wie immer werden auch unterwegs Bilder während der Fahrt gemacht. Die Sonne in ihrem Gesicht und ihr breites Grinsen spiegeln ihr Wohlbefinden wieder.

Genug geschwelgt, ab auf die Kiste und dem Tal weiter folgen. In L‘Adroit geht es links hoch zum See, wie immer in Serpentinen, teilweise durch den Wald. Nach der letzten Biegung liegt dann der See vor uns und wir halten am südlichsten Punkt der Reise erhöht am See. Eine kleine Straße führt gleich am Anfang direkt zum See, wir bleiben aber hier und genießen die Aussicht. Neben uns stehen zwei weiter BMW Fahrer, einer mit einer G/S, jedoch schwer umgebaut. Es ist übrigens bis heute der einzige 2-Ventiler Boxer auf der Strecke, eine aussterbende Rasse.

Es ist 4 Uhr nachmittags, d.h. auf dem gleichen Weg zurück würde die Fahrt tief in der Nacht enden. Also eine alternative Route, die über Saint-Michel-de-Maurienne westlich der Gebirgszüge weiter nach Albertville führt. Saint-Michel-de-Maurienne kennt man eher, denn dort geht es über den Col de Galibier weiter auf der Route des Grandes Alpes.

Wir fahren wieder in runter vom See, nochmal die Serpentinen mitnehmen und weiter durch das Tal. Ab Forenaux geht es auf die Autobahn, ein Sakrileg, aber der Zeit geschuldet. Nach 80 KM Rennstrecke kommen wir in Albertville an, den Rest der Strecke fahre ich schon wie im Schlaf. Noch schnell einen Intermarché angefahren und ein Abendessen eingekauft, dann noch die letzten Meter bis nach Hause ins Hotel.

Nein, nicht ganz, kurz vor Saint-Gervais-les-Bains zeigt sich der Mont Blanc von seiner besten Seite ganz ohne Wolken, was für ein Spektakel. Leider kein Platz zum halten, der Photo war auch schon verpackt, so muss der Eindruck im Kopf bleiben.

Am Schlafort angekommen gibt es erstmal eine Reparatur am Motorrad: Der Tankentlüftungsschlauch hat sich verselbstständigt und muss gekürzt wieder angebracht werden. Kein Problem. Die Tagesetappe wurde mit 380 KM umgesetzt.

Umgezogen und mit zwei kleinen Rosé in die Abendsonne gesetzt – den Tag kurz Revue passieren lassen. Nach dem Essen, Baguette mit Terrine, wird es dann schnell dunkel hinter den Augen.


Dienstag, 12.09.2023

Fahrerisch wird heute ein Ruhetag eingelegt, auch wenn der morgige Tag Regen bringen soll.

Wir wollen mit dem Auto nach Annecy, dort soll jeden Dienstag Markt in der Innenstadt sein. Wir wählen den kürzesten Weg, d.h. runde 25 Minuten mehr als über die längere Autobahn. Wir haben ja heute Zeit.

Vor dem Frühstück der bekannte, aber immer der berauschende Ausblick aus dem Zimmer.

Es geht den bekannten Weg über Flument in Richtung Annecy. Auch mit dem Auto machen die Kurven viel Spaß, ab Ugine verläuft die Strecke recht gerade nach Annecy. Wieder fahren wir ab dem südlichen Ende des Sees entlang des Wassers in Richtung Innenstadt, besser gesagt, wir stauen uns in die Richtung. Die schwierige Frage ist, wo parken wir das Auto am besten ab. Ungeachtet der Frage kann man sich wunderbar die Gegend bei dem Tempo ansehen, es gibt jede Menge Hotels am Wegesrand. Vom Ufer aus sind die Wassersportmöglichkeiten zu sehen: Wasserski, StandUpPaddeling, Tauchen, Schwimmen, am Ufer sitzen oder am Strand liegen, Segel- oder Motorboot nutzen. Aber es gibt eine weitere Möglichkeit, die Interessant sein könnte: Mit dem Fahrrad rund um den See radeln, die Höhenmeter sind moderat, es gibt viele Stellen, an denen verweilt werden kann – oder einfach umdrehen und zurückfahren. Eine schöne Tagesetappe könnte das werden. Und mit dem Wetter heute, schon fast zu warm, dem knallblauem Himmel und dem Seeblick sollte das viel Spaß machen.

An allen möglichen Parkplätzen fahren wir vorbei – wobei angemerkt werden muss, dass die ausgewiesenen Parkflächen nur im Juli und August zu bezahlen sind, ansonsten frei – und landen direkt am Ufer angrenzend an der Innenstadt. Das Hinweisschild Parking de l’Hôtel de Ville weist uns den Weg in die Unterwelt. Durch die Eingangsschranke führt ein sehr enger Weg, man hört es schon links oder rechts knirschen – und wir haben ein eher schmales Auto. Einer Spirale folgend führt der Weg in die Parkkatakomben. Links und rechts der Fahrspur sind die Parkbuchten, einige nur 4 Meter lang, da dort Trägerpfosten stehen. In Ebene 4 bekommen wir einen Platz – bei rund 120 weitere freien Plätzen darf gerätselt werde, wie viele weitere Ebenen noch unter uns sind.

Das Parkhaus hat aber einen Riesen Vorteil: Es kann sehr gut angefahren werden und die Stadtmitte liegt direkt vor der Nase.

Ab ins Gewimmel, vom See aus führen Wasserstränge in die Stadt, dem einen folgen wir. Schnell das Handy gezückt und den Markt gesucht. Eine Häuserwand weiter ist er dann schnell gefunden. Ein echter Markt, kein Klamotten- oder Touristenmarkt. Nicht, dass auf Touristen nicht eingegangen wird, nahezu überall wird ggf. auch auf Englisch geantwortet.

Und der Käse aus der Haute Savoie ist sehr präsent, aber eben auch Früchte, Gemüse, Fleisch und die Brathähnchenstände, die nie fehlen dürfen.

Nachdem wir uns etwas Überblick verschafft haben, kaufen wir zwei kleine Quiche und zwei Arancini für das Abendessen bei einem Metzger ein. Perfekt.

Nun wird eine Brasserie angesteuert, ein Rosé, ein Bier geordert und dem Treiben um uns herum zu betrachten. Es gibt viele Japaner und Engländer, ein paar Schweizer, aber sehr wenige Deutsche. Wir müssen darauf achten, dass bei der unumgänglichen Lästerei wir nicht doch verstanden werden. Das wäre dann wirklich peinlich.

Es wird Mittag und wir steuern nach nochmaligem Durchlaufen des Marktes einen Laden mit Außentheke an, den wir am Anfang schon entdeckt haben. Dort nehmen wir ein Baguette mit geschmolzenem Raclettekäse auf Schinken mit, mit dem Duft des Käses erfolgt meist ein natürlicher Abstand weiterer Personen. Ein Blick in die Auslagen zeigt ein Raclette Gestell mit einer Aufnahme des Käses und einer elektrischen Heizspirale oben drüber. Aber 220 Euro schrecken etwas ab, wir beschließen da an anderer Stelle nochmal zu suchen.

Das Baguette wird geteilt und sofort vertilgt – Bombe.

Noch einen kleinen Rundweg am Wasser geht es zurück zum Parkhaus  – der Rückweg erfolgt auf der gleichen Strecke.

Zurück am Hotel setzen wir uns in den Garten, ich fange an meinen, also diesen Text zu schreiben, noch als echter Rohentwurf.

Leichte Schleierwolken ziehen auf, dennoch können wir den Nachmittag in der Wärme genießen. Abends werden die Quiche und Arancini mit einem Wein vertilgt.


Mittwoch 13.09.2023

Wie von den Wetterfröschen vorhergesagt regnet es heute. Der Himmel ist grau, die Berge kaum sichtbar. Kein Problem, der Tag wird langsam angegangen, das Moped bleibt stehen. Nach einem langen Frühstück schreibe ich an meinen Text weiter. Gegen Mittag setzen wir uns ins Auto und erkunden das Tal, sprich wir fahren soweit es geht. Das Ende ist schnell erreicht, ein grosser Parkplatz empfängt uns bzw. die Wintertouristen, denn das Gebiet ist bekannt für den Wintersport. Wir kehren um in Richtung Saint Gervais, fahren aber auf der anderen Seite des Ortes. So sehen wir auch, was von unserem Balkon hörbar ist, auf der Terrasse jedoch nicht: In einem tiefen Bett fließt jede Menge Wasser vom Berg den Abhang runter.

Einmal durch Saint Gervais, alles eher geschlossen (Mittagszeit) finden wir einen Parkplatz, entern eine Brasserie und schauen dem nicht vorhandenen Treiben zu.

Wieder im Hotel angekommen, nehme ich mir die Karte vor und überlege, was wir am nächsten Tag machen können. Donnerstag soll es bis nachmittags trocken sein. Eine kleine Runde findet sich, wir freuen uns auf eine zusätzliche kleine Tour.

Der Abend naht, ein Tisch ist für uns reserviert. Eigentlich ist alles klar, dennoch ein Blick in die Karte. Nichts da, wir bestellen uns passend zur Jahreszeit ein Raclette für 2 Personen. Aber natürlich das Original, sprich ein Käsedreieck, ca. 300 bis 400 Gramm schwer, wird aufgespießt. Darüber spannt sich ein Dach aus zwei Heizflächen, deren Winkel zur Temperaturanpassung verändert werden kann.

Dazu Pellkartoffeln, ein Brett mit verschiedenen Schinken- und Salamivariationen,  ein paar eingelegte Gürkchen und eine Schüssel grünem Salat.

Wir sind ja darin absolute Neulinge, aber es muss einfach sein. Ab jetzt beginnt der Stress: Kartoffeln zerteilen, etwa Salami oder Schinken verteilen und versuchen, den schmelzenden Käse mit einem großen flachen Messer so abzuziehen, ohne dass etwas herunterfällt oder an der Heizsonde verbrennt. Die könnte man ja etwas anheben, würde man vorab darüber nachdenken. OK, der erste Abstrich hat funktioniert und wird mit einem Kartöffelchen vertilgt. Wirklich sehr gut – aber schon läuft der Käse wieder und die Vorbereitungen sind noch nicht gemacht.

Nach und nach kommt etwas Routine auf, dann klappen die Rindenhälften des Käses herunter. Beim Versuch, diese abzuschneiden, müssen wir etwas unbeholfen aussehen, die nette Bedienung hilft uns schnell, bevor schlimmeres passiert.

Völlig fertig, aber sehr zufrieden wird das letzte Stück Käse vertilgt, das Adrenalin fällt zunehmend und ein wohliges Gefühl kommt auf. Die Frage nach einem Nachtisch verneinen wir dann doch, bekommen aber von der netten Dame ein Lob, so weit gekommen zu sein. Wir scheinen uns nicht zu sehr daneben benommen zu haben, auch am Nachbartisch kämpft ein französisches Ehepaar mit der Materie, jedoch etwas besser als bei uns.

Wirklich eine Empfehlung – auch wenn man danach möglicherweise ein paar Tage keinen Käse mehr sehen will. Unbedingt mal machen, wir überlegen uns solch ein Teil zu besorgen.

Danach wird nicht mehr viel gemacht, Zähneputzen ist angesagt.


Donnerstag, 14.09.2023

Der Himmel zeigt sich von seiner besten Seite, das Gebirge vor uns wird von der Morgensonne angeschienen.

Nach dem Frühstück packen wir das Motorrad, wir machen einen kleinen Rundkurs über Megeve, Flumet, Col de Aravis, kurz danach links auf den Col de la Croix Fry um über Ugine wieder zurück zu fahren.

Es hat runde 14 Grad und hinter Saint Gervais geht es zügig bergauf. Nicht schlimm, aber ein dichter Nebel verdeckt die Sicht, die Temperaturen fühlen sich noch kühler an. Aber auf der Höhe von Megeve ist der Spuk vorbei, die Sonne scheint und es wird wärmer.

Bis zum Col de Aravis ist die Straße nahezu leer, wir können wunderbar durch die Kurven den Berg hoch fahren. Oben angekommen, ein kleiner Halt, ich benötige noch einen Aufkleber und die Kühlschranktür will auch ihr Teil haben.

Weiter geht es, dann ab nach links in Richtung Col de Croix. Wieder zirkelt sich der Weg nach oben, am obersten Punkt angekommen empfängt uns eine unwirkliche, geschotterte Seilbahnlandschaft. Es lohnt nicht zu halten, weiter fahren wir gen Westen. Dann unser Lieblingsschild: Route Barrée, Straßenarbeiten. Ein Stück zurück, dort soll ein Umleitungsschild Deviation stehen. Schnell gefunden geht es einen kleinen Weg entlang zurück, um dann rechts einen noch kleineren Weg abzubiegen. Nach einer weiteren Baustellenampel verpasse ich den richtigen Abzweig, das Navi schreit. So langsam bekomme ich Routine im Wenden auf kleinen Straßen. Wenn man genau hingesehen hätte, wäre das Umleitungsschild erkennbar gewesen, aber auf Bodenniveau suche ich so etwas selten.

Der nun folgende Weg, Straße wäre wirklich übertrieben, ist sehr schmal und führt teilweise durch den Wald auf die andere Bergseite des Tales. Wir können unseren eigentlichen Weg erkennen, aber der hier macht viel Laune. Gut, bei Gegenverkehr muss etwas aufgepasst werden. Die Sonne blinzelt durch das Laub, mal leuchtend, mal blendend. Ein kurzer Halt unter schattigen Bäumen wird eingelegt, die Strecke mental verdaut und die Optik etwas angehübscht.

Wir kommen am westlichsten Punkt der Reise an und es geht wieder gen Süden, die Straße sieht wieder nach Straße aus. Ein kurzer Stopp, um dem Wasserhaushalt gerecht zu werden.

Wunderbare Kurven, teilweise durch Schluchten oder an Felsen vorbei stoßen wir wieder auf die Strecke in Richtung Annecy, wir nehmen die entgegengesetzte Richtung. Die Strecke des Rückwegs ist bekannt, in Megeve überfallen wir noch schnell einen Supermarkt. Eine sehr nette Verkäuferin schneidet mit einem Drahtseil drei dünne Scheiben unterschiedlichem Käse  ab.

Zusätzlich kommen 4 Gurkengläser Cornichons, die ohne Zucker, mit in den Tankrucksack – wir lieben lokale Mitbringsel.

Die letzten KM haben wir keine Autos vor uns, wir können bis zum Hotel unseren Fahrstil nutzen.

Abends wird der Käse geleert – irgendwie konnten wir uns schon wieder damit anfreunden. Es fängt an zu regnen, die Wetter-App will auch am Freitag, unserem letzten Tag in Frankreich, nun teilweise Regen vorhersagen.


Freitag, 15.09.2023

Es hat 12 Grad, die Straße ist nass, erst mal das Frühstück aufsuchen. Ein Blick auf das elektronische Wetter, es soll erst Spätnachmittags regnen. Die Straße hat erste trockene Stellen, es wird alles für die Fahrt eingepackt. Heute geht es in Richtung Genfer See, hinzu über die Schnellstraße, zurück über die Routes des Alpes.

Den Hinweg lasse ich hier mal weg, einfach keine schöne Strecke. Auch einen kurzen Weg direkt zum See zu finden, artet in eine wilde Kurverei aus – kein Meisterstück des Fahrers. Aber wir finden einen Zugang in der Nähe von Véreitre (Plage de Tougues – Chens sur Leman), kaum Menschen vor Ort, nur ein paar Taucher und ein Polizist, der mir einen kostenfreien Motorradstellplatz zeigt. Halbwegs versöhnt schauen wir auf das Wasser, sind uns aber einig, dass die Bergseen viel mehr Flair haben.

Also zurück in die Berge, wir wollen vor dem Regen zurück sein. Kaum geht es wieder hoch, schon kommt das vertraute Schild Route Barrée. Und nun? Darunter ein kleines Umleitungsschild, wir fahren dem mal nach, das Navi ist nach kurzer Zeit einverstanden. Wieder ein sehr schmaler Weg, Fahrzeuge, die sich begegnen, müssen heftig zirkelnd aneinander vorbei. Wild geht es durch den Wald, durch kleine Örtchen, schon eher Gehöfte und ein alter Mann am Wegesrand, der dem Treiben der schweißgebadeten Autofahrern zusieht. Aber wir kommen durch und kreuzen wieder den ursprünglich gewählten Weg.

Auf halber Strecke in Richtung Col de Aravis halten wir an einen, ja wie nennt man das, Café? und nehmen zwei Orangina bzw. Cola zu uns. Es wird wohl der letzte Stopp in diesem Frankreich-Urlaub auf dem Moped sein, bevor es zurück geht.

Etwas Wehmut macht sich breit. Gestärkt geht es schnell auf den Col de la Colombière, Strecke ist komplett frei und auf der anderen Seite wieder runter in Richtung Flumet. Kurz davor doch noch einmal kurz an der Schlucht angehalten, es muss einfach sein.

Die letzten Meter dann zum Hotel, die Sonne scheint immer noch, vergehen wie im Flug. Der letzte Blick vom Motorrad aus zum Mont Blanc

Dort angekommen, Klamotten abgeworfen, wird das Motorrad und alles, was wir für den Abend nicht mehr brauchen, im Hänger oder Auto verräumt. Das Ende der Woche naht unumgänglich. Es regnet immer noch nicht, noch einmal in der Sonne sitzen. Perfekt.

Für Abends ist ein Tisch reserviert, mal sehen, was wir zu uns nehmen. Abends wird nochmal im Restaurant gegessen. Eigentlich können wir keinen Käse mehr sehen, aber auf der Essenskarte schauen uns doch noch zwei tolle Sachen an: Ein Tarteflette und im Ofen geschmolzener Käse im Töpfchen aus dem Val de Arley. Lecker.

Dann ging es zur finalen Abrechnung. Aber dort ereilt mich ein großer Schreck, nicht die Summe, sondern meine fehlende Kreditkarte. Kurz nachgedacht, ich muss die am Morgen an der Tanke liegen gelassen haben. Das Backup muss her, die Dame des Hauses hat ihre auch dabei. So können wir die Rechnung begleichen.

Ende des Frankreich-Urlaubs


Italien 2023

Samstag, 16.09.2023

Hier lösen wir nun das nicht explizit angesprochene Rätsel über den Küchenkasten auf. Der Urlaub hat einen zweiten Teil, es geht durch den Mt. Blanc Tunnel in Richtung Italien, Asti weiter.

Morgens alles gepackt, ein toller Himmel mit Sonne schenkt den Bergen ein tolles Antlitz, den Hänger angeschlossen und ab zur Tanke, um vielleicht die Kreditkarte wieder in Empfang nehmen zu können.

Dort angekommen leuchtet uns das Schild Fermé an, die Öffnungszeiten sagen etwas von am Wochenende geschlossen, d.h. nur Kartenbetrieb. OK, ein Anruf bei der Kreditkartengesellschaft, Karte sperren und neue beantragen. Die sollte zu Hause sein, wenn wir zurückkommen. Vielleicht.

Ärgern hilft nicht, wir fahren in den Tunnel, nicht ohne vorher die Tunnelgebühr zu bezahlen – aus Frankreich kommend ist der Betrag niedriger als aus Italien kommend – ich fahre ab nun auf Kosten meiner Frau. 11 Kilometer bei 70 km/h, es zieht sich. Sehr nett sind die Schilder bezüglich des Überholverbotes, die Strecke ist jeweils einspurig. Wer es dennoch ausprobiert, wird am Ende des Tunnels von freundlichen Polizisten empfangen. Mangels Kreditkarte lasse ich das lieber.

Auf der anderen Seite des Tunnels empfängt uns ein hübsches Grau am Himmel, eigentlich ist kein Himmel zu sehen. Egal, es regnet nicht. Wir fahren lange bergab, es wird noch dunkler, dann fängt es doch an zu regnen, eher zu schütten. Wir sind froh, alles im trockenen zu haben. Nach knapp 300 KM kommen wir in der Nähe von Asti an, die neue Behausung ist schnell gefunden.

Es ist ein Agriturismo und beziehen ein Apartment. Nachdem alles verräumt ist, diesmal mit System im Schrank, geht es nach Asti Grundnahrungsmittel kaufen, ein Supermarkt wird gesucht. Was normalerweise recht einfach ist, entpuppt sich deutlich schwieriger. Die Spontansuche wird ergebnislos aufgegeben, mittels Handy finden wir dann einen großen Supermarkt. Natürlich nur eine Straße weiter. Auf dem Rückweg sehen wir dann gleich am Eingang von Asti auch einen großen Supermarkt, vielleicht sind wir doch zu müde. Noch die guten eingekauften Sachen gegessen (Gibt es Käse? Ja, warum …), danach legen wir die Füße hoch, der Tag ist vorbei.


Sonntag, 17.09.2023

Wir hatten am Abend davor beschlossen, dass ausgeschlafen werden sollte. Das hat auch so lange angehalten, bis mittels eines Laubbläser vor unserem Fenster der Hof gekehrt wurde. Dann eben nicht, ein selbstgemachtes Frühstück macht aber alles wieder wett. Heute kein Motorrad, da wir uns gestern zum Mittag im Restaurant angemeldet haben. Es gibt Menü, die Getränke können ausgewählt werden, der Rest ist Überraschung, wie bei vielen Agriturismo üblich.

Wie geht so etwas in Italien ab? Eigentlich ganz einfach. An den Tisch setzen, Getränke auswählen und dann kommt das Essen. Etwas Zeit mitbringen, sei angemerkt.

OK, dass mit dem Getränk gestaltet sich dann doch etwas spannend, das Wasser ist schnell entschieden: tot oder lebendig. Beim Wein, wir sind ja in Italien, kommen wir nicht schnell zu einer Entscheidung. Unser Restaurantbesitzer nimmt uns an die Hand, wir kommen in den Raum, in dem die Weine ausgestellt werden. Etwas überfordert nehme ich die ultimative Frage des Kenners in den Mund: Welcher Wein denn aus der Gegend käme. Mit gekonnter Mimik, ich bin entlarvt, zeigt er auf das komplette Regal. Zweiter Versuch: Welche Empfehlung er denn zu dem Essen geben würde? Er zeigt eine Flasche, wir beschließen spontan die Empfehlung anzunehmen. Keine weiteren Fragen.

Es ist 1 Uhr mittags, uns überrascht, dass die meisten der anderen Gäste pünktlich eintreffen. Wir bekommen einen kleinen Tisch auf der Terrasse zugewiesen, alles so, wie wir es mögen.

Dann geht es los, vor jedem Gang die Frage, was es denn werden könnte.

Hier mal das aufgelistete Menü:

  • Frittierte Teigtaschen mit Coppa
  • Tatar mit Parmesan
  • Hühnchen oder Kaninchensalat
  • Zucchini- Flan (Suflett) mit Tomatensugo
  • Risotto con Limone
  • Spagetti mit Speck-Tomatensauce
  • Schweinerollbraten gefüllt mit Backpflaume und Kartoffeln
  • Tiramisu und Schokoladenpudding (Schoko-Plumpudding) mit Amaretto
  • Café, d.h. zwei Espresso

Nicht jedes Essen schaffte es auf das Bild, manchmal war die Kamera zu langsam …

Das Ganze dauert runde 4 Stunden, es wird immer etwas Zeit zwischen den Gängen gelassen und wir sind froh, keine weiteren Termine zu haben. Aber es macht einen riesen Spaß, das Essen ist absolute Spitze, der empfohlene Wein war die richtige Entscheidung. Was für ein Genuss. Am Ende kugeln wir uns vom Tisch, hinter uns wurde ein 70er Geburtstag gefeiert. Das hat den Vorteil, dass die Unterhaltung von anderen gemacht wird und man sich auf das Essen konzentrieren kann. War nicht wirklich so, es hat sich nur so angefühlt.

Etwas separiert, es ist mittlerweile 5 Uhr, geniessen wir noch einen Abschluss-Grappa mit Zigarette, alternativ eben auch ohne Zigarette.


Montag, 18.09.2023

Das Wetter ist grau, leider hat die WetterApp recht. Das Moped verweilt immer noch trocken im Hänger. OK, es wird ein Alternativprogramm gesucht.

Wir wollen auf Anraten unseres heimischen Weindealers ein Weingut besuchen fahren, dessen Wein wir schon zu Hause mehrfach hatten. Navi im Auto programmiert, eine Route zweigt direkt nach unserer Behausung nach rechts ab. Passt, das wollte ich eh schon mal erkunden. Es geht los, aber gleich hat die Straße wieder den Charakter, als ende sie in einem Wohnzimmer. Kennen wir schon, aber es wird schon recht schmal, gleichzeitig müssen Steigungen von 15% absolviert werden. Der Golf, unser Transportmittel, kämpft sich tapfer hoch, der Fahrer hofft auf wenig Gegenverkehr. Es macht aber Spaß, so werden etwas mehr als 35 KM bei niedriger Geschwindigkeit überbrückt.

Das Weingut haben wir gefunden, die Tore sind verschlossen. Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass auf der Webseite keine Öffnungszeiten verzeichnet sind, vom Tor aus auch kein Hinweisschild zu sichten ist. Der Italienkenner weiß natürlich, dass der Montag Klassischerweise geschlossen ist, es muss also Montag sein.

Los Googolos weiß aber, dass es einen zweiten Standort gibt und der noch 20 Minuten geöffnet ist. Beim Versuch das Ziel einzugeben, verweigert das Navi die Eingaben. Also auf Sicht fahren. An der Abzweigung in Richtung der Ortschaft meint ein Schild, dass Fahrzeuge über 3,5 Tonnen diesen Weg meiden sollten. Ha, kein Thema, wir dürfen maximal 1,6 Tonnen Gesamtgewicht fahren. Nach ca. 20 Kurven sind wir uns aber nicht mehr so ganz sicher, denn es wird wahrlich eng. In der Ortschaft wird überlegt, die Spiegel einzuklappen. Aber noch nervöser macht uns, dass wir den Verkaufsraum nicht finden. Wir fahren weiter, es kommt noch ein Ort, es geht noch enger zu, weiterhin kein Laden. Ein Blick auf das Navi verspricht zwar einen Weg zurück in die Zivilisation, der Fahrer traut dem Braten aber nicht. Alles zurück auf Start, wir brechen die Suche erfolglos ab.

Was nun? Alternativprogramm zwei wird angepackt. Wir wollen nach Asti, der nächst größeren Ortschaft an unserem Übernachtungspunkt. Ein Parkplatz ist schnell gefunden und es geht ab in die Stadt. Die Uhr zeigt kurz nach zwölf und wie der gemeine Italienfan weiß, schließen die Geschäfte bis 3 Uhr 30. Das schöne ist, dass die Straßen leer sind, das weniger schöne ist, dass die Geschäfte die Rollläden unten haben.

Meine Begleiterin und Urlaubsfee hat einen Vorschlag: Mittagessen. Wir finden einen kleinen Laden, kleine italienische Schnittchen (Focaccia) beleben die Stimmung. Eine Riesen Gruppe an Schülern, die an uns vorbeilaufen, sorgen für die landestypische Akustik. Als Abschluss natürlich ein

Gestärkt nehmen wir einen weiteren Anlauf in die Innenstadt, einsetzender Regen unterbricht aber den Tatendrang.

Ab zum Auto, quer durch die Stadt zum Supermarkt, etwas für das Abendessen besorgen und ab nach Hause. Kurz vor der Haustüre steht eine Kuh auf der Straße und schaut mir in die Augen. Wir stoppen.

 

— Kuhdialog —

  • Oh, schau mal, das Tor ist offen
  • Lass das, das dürfen wir nicht
  • Wie sieht es denn dahinter aus?
  • Freiwillige vor!
  • Eine Kuh verlässt den sicheren Untergrund und läuft auf die angrenzende Strasse, erschrickt, denn da steht ein Auto, aus dem zwei Paar erschreckte Augen rausschauen. Das Auto scheint zu verharren, es bewegt sich nicht.
  • Und?
  • Was und?
  • Na, wie ist es dort? Ok, ich komme auch raus.
  • Ich auch (mehrfache Nennung)
  • Und wenn der Bauer uns erwischt?
  • Oh je, oh je, ich gehe gleich lieber zurück (mehrfache Nennung)
  • Oh schau, ich wusste es doch, die Hecke auf den anderen Seite des Zauns schmeckt viel besser
  • Zeig her …
  • Mist, dieses Auto scheint sich in Bewegung zu setzen, Mädels, macht mal Platz

Zurück am Haus, lesen ist angesagt, wir sitzen unter einer Abdeckung regengeschützt vor dem Haus. Etwas Frust macht sich breit, aber am nächsten Tag soll die Sonne knallen.


Dienstag, 19.09.2023

Die Dame neben mir erwacht und geht an das Fenster, murmelt etwas, kommt zurück und meint, dass ja vielleicht hinter dem Nebel sich die Sonne versteckt. Grummel. Also packe ich meine Sachen, enter das Auto – das Moped steht ja noch im Hänger – und fahre Brötchen holen. Und ein schönes Aprikosen-Croissant. Auf dem Rückweg kreuzt ein Bambi den Weg.

Wir wollen es nochmal probieren und fahren ein zweites Mal zum Winzer, diesmal auf einer eher offizielleren Straße. Dort angekommen, das Tor ist offen, es scheint nicht mehr Montag zu sein, wir werden empfangen. Und wir erhalten eine Rundtour durch die heiligen Hallen. Hier erfahren wird, dass der Umzug erst vor einem Monat vom alten Standort in das neue Gebäude erfolgte. Ah, deshalb nicht den Standort am Tag davor gefunden. Es ist ein kleiner, aber feiner Betrieb und es macht viel Spaß in alle Ecken sehen zu dürfen. Auch Bilder zu machen ist erlaubt.

Ab in den Keller, hier stehen die Holzfässer für die spezifischen Weine, u.a. auch der Barolo. Irgendwie juckt es mir in den Fingern, ein Fässchen im Hänger mit nach Hause zu nehmen.

Es geht wieder hoch

Mit der Besichtigung der Stahltanks für die erste Gärung eine Etage höher und der Abfüllanlage geht es nahtlos rüber zur Verkostung.

Wir kennen nur zwei der Weine von zu Hause, hier bekommen wir eine feine Übersicht zum testen. OK, wie immer, wenn die angebotenen Heizdecken die Schenkel wärmen, es wird dann doch gekauft – was von uns aber von Anfang an beabsichtigt war. Stolz wird die Beute im Auto versteckt und wir verabschieden uns. Nicht aber ohne uns vorher mitzuteilen, dass wir mit der Wahl unserer Urlaubsbehausung einen guten Griff gemacht haben, denn die Küche geniest einen sehr guten Ruf – und ich weiß wieder, dass die Dame an meiner Seiten ein sehr gutes Händchen bei ihrer Auswahl der Feriendomizile hat.

Für die Motorradfreunde: Ausgestellt wird natürlich auch eine Guzzi, die der Gründer als Vertriebsfahrzeug zu Händlern und Restaurants eingesetzt hatte.

Der Tag ist angebrochen, die Sonne scheint, der Himmel ist blau, was tun? Wir beschließen, das Städtchen Alba etwas weiter im Süden zu besuchen.

Wie immer, ab in die Innenstadt. Dreimal im Kreis und ein Parkhaus gefunden. Vor der Schranke die Säule für die Tickets, es kommt aber keines heraus. Und oh Wunder, die Schränke öffnet sich. Sind wir schon so bekannt, das sich die Tore ohne klopfen öffnen oder sind die Parkhäuser am Dienstag ohne Bezahlung nutzbar? Mir egal, Hauptsache einen Parkplatz. Nur von neben an kommt der Hinweis, dass es bei der Ausfahrt ggf. problematisch werden könnte. Sie hat ja recht, nun sind wir aber schon drin.

Wieder oben angekommen gehen wir nochmal an die Schranke, anderen werden Tickets an der Säule angeboten. Wir sind ratlos – dann zeigt mir meine tapfere Mitfahrerin das gelbe Zeichen oberhalb der Einfahrt, das Telepass-Symbol. Nun ist klar, dank unserer grauen Autobahnmaus wird der Tarif über die elektronische Erfassung bezahlt. Klug gemacht.

Die Stadt Alba ist wunderschön, tolle Straßenzüge und sehr schöne Geschäfte. OK, sind nicht alle offen, war da nicht was mit der Zeit? Egal, das angebotene entschädigt auf jeden Fall. Wir schlendern zwischen den Häusern und Türmen, denn Alba ist bekannt für seine Türme.

Und davon gibt es jede Menge, hinter jedem Abschnitt ein weiterer Turm.

Auch die Motorradfahrer kommen auf ihre Kosten

Treffpunkt

Wir beschließen einen bewirtschafteten Tisch zu belegen und das Leben zu genießen. Hat man früher nicht Karten geschrieben? Heute finden sich eher Mailadressen als Hausadressen in den Unterlagen. Und permanent irgendwelche Bilder in die Welt zu verteilen, so ganz unsere Art. Es wird dieser Bericht, den wir verteilen werden, und es müssen sich alle den ganzen Text durchlesen. An dieser Stelle schon mal vielen Dank für das Durchhalten, ihr seid toll.

Die Zeit schreitet voran, die Geschäfte öffnen, wir brechen wieder auf. Der ein oder andere Laden wird besichtigt, ansonsten lassen sich die Protagonisten treiben.

Beim bummeln kommen wir an einem Klamottenladen vorbei, es gibt interessante Ware (wer es mag …)

Auf dem Rückweg nochmal die Skulptur aufgenommen – irgendwie sieht sie jetzt ganz anders aus als Mittags

Links mittags, rechts abends

Die Ausfahrt aus dem Parkhaus wird spannend, diesmal wird die graue Maus an die Windschutzscheibe gelegt. Es piept bekanntermaßen, die Schranke geht auf, es geht aus der Stadt heraus.

Noch ist es heller Nachmittag, eigentlich wollten wir die sogenannte Romantische Straße befahren. Ein Blick auf das Navi, wir beschließen etwas in südliche Richtung aus Alba heraus zu fahren. Es ist ein kleiner Weg, der sich auf die Berge hinauf schlängelt, endlich sehen wir die ersehnten Weinberge.

Tonnen von Reben und noch mehr Trauben begeistern unsere Augen. Immer wieder wird angehalten, um das Schauspiel zu betrachten. Dank der Info des Winzers wissen wir, dass die Ernte der roten Trauben in den nächsten Tagen ansteht. Der verregnete Montag verschiebt die Aktion, wir können die Trauben in voller Pracht ansehen.

Es geht wieder in Richtung Norden, immer wieder tauchen neue Weinberge auf, immer wieder verschwinden oder tauchen neue Höfe oder kleiner Städtchen auf. Irgendwie darf das nicht aufhören, so die innere Stimme. Zwischendurch fällt uns ein kleines Häuschen auf, wir sollten das mal als Kauf in Erwägung ziehen …

Straße für Straße zirkelt das Auto den Weg zurück in unsere Behausung. Wir müssen zugeben, dass hier eine andere, für uns passendere Umgebung vorherrscht. Das nächste Mal wird es wohl hier einen Standort geben.


Mittwoch, 20.09.2023

Der Himmel ist leider bedeckt, aber es ist trocken. Nach dem Frühstück schwingen wir ins Auto und fahren auf den Markt nach Asti. Der soll riesig sein, normalerweise ist da der große Parkplatz, den wir Tage zuvor schon nutzten. Es wird spannend, denn auf der Karte hatte ich mit schon einen Ausweichparkplatz ins Auge gefasst, sollte es keinen freien Platz geben.

Alles halb so schlimm, es sind genügend Plätze vorhanden. Immer diese Bedenken, typisch deutsch. Ticket gezogen und ab ins Getümmel. Neben den immer noch vorhandenen Klamottenständen – wir fragen uns, wer das denn kauft – jede Menge Gemüse- und Obstbauern, aber auch Käse- und Fleischstände beherrschen das Bild. Kein Tourist, uns mal ausgenommen, scheint hier dem Treiben etwas abzugewinnen. Uns gefällt es, wir kaufen ein und bringen immer wieder die Beute zurück zum Auto.

Natürlich können auch Utensilien für die geistige Produktion gekauft werden

Bei dem ein oder anderen Stand ist aber nicht ganz klar, was sich teilweise unter der Ware versteckt – wer hier wohl liegt und warum?

Hinter dem Markt grenzt die Markthalle, heute auch offen. Rein und gleich mal den nächstjährigen Vorrat an Olivenöl im 5 Liter Kanister ergattert, aber nicht ohne es vorher ausgiebig zu testen. Wieder ein kurzer Abstecher zum Fahrzeug, wir wollen es ja nicht die ganze Zeit mit uns rumtragen.

Hinter der Markthalle stehen weitere Marktstände – wo eigentlich mein Ausweichparkplatz hätte sein sollen. Das Manöver wäre schief gegangen.

Nach der Rückfahrt bleibt es ruhig, das Wetter bietet nicht viel Interpretationsspielraum, den Büchern wird sich gewidmet.


Donnerstag, 21.09.2023

Ein Blick auf die Wetterseite und aus dem Fenster, beides ist eher als nüchtern zu betrachten. Etwas Blau kann man dem Himmel abgewinnen, aber es reicht nicht, um das Motorrad zu nehmen. Wir hatten schon zu viel Regen dieses Jahr auf der Kiste, der Regenkombi soll in seiner Behausung bleiben. So bleibt auch das Moped im Hänger, trocken und unangetastet.

Wir schauen uns in die Augen, hinter meinen ist es etwas leer, das andere Paar Augen hat eine Idee: Wein? Weingegend? Weinsorte? Berühmte Weinsorte? Es gibt einen Ort in der Nähe mit Namen Barolo. Hat was, es wird das Navi gefüttert und ab geht die Post.

Barolo liegt südlich von Alba an einem Hang. Wir nehmen die kleine Straße in die Innenstadt und wundern uns, dass schon am Ortseingang die Fahrzeuge links und rechts parken. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht mitten in der Stadt etwas zum abstellen ergattern kann. Selten so gelacht, die Straße durch den Ort wurde gesperrt, alles voll. Wieder gedreht zeigt die Beifahrerin links auf ein „P“ Schild. Und, oh Wunder, es ist ein ausgewiesener und noch leerer Parkplatz, von dem man gut in die Innenstadt kommt.

Die Sonne schält sich aus den Wolken, es wird warm. Hier gibt es wohl nur Winzer, Hof an Hof säumen den Straßenverlauf. Auch in den Seitenstraßen zieren Schilder des Weinanbaus die Häuser. Auch die Sitte, den Schnuller gegen einen Korken bei Kleinkindern zu tauschen, gefällt uns.

Und vor vielen kann man eine Verköstigung aus Gläsern mit mikrobischen Inhalten gegen Gebühr probieren. Nicht ganz unsere Art und Weise, es geht weiter hoch zum Schloss.

Dort gibt es, man mag es kaum glauben, einen großen Raum, in dem aktuelle Weine ausgestellt werden. Vorne am Eingang kann ein Glas erstanden werden, dazu wird eine Plastikkarte mit ausgegeben.

Im Kreis herum stehen Weinautomaten, für jede Gegend ein eigener, in dem jeweils vier Flaschen Wein im Gekühlten stehen. Wurde die Weinsorte ausgesucht und das Glas unter den Ausschank gestellt, wird mittels der Karte, die im Schlitz verschwindet, der jeweilige ausgesuchte Wein zur Verrechnung vermerkt. Im Glas befindet sich je nach Geldbeutel eine kleine, kaum wahrzunehmende Menge, in drei Stufen erweiterbar bis zu einer ansehnlichen Menge an Wein wieder. 15 Euro pro Glas Barolo kann solch ein Schluck dann schon mal kosten. Ich rechne schnell zusammen, wenn man sich Mühe gibt, ist das Verlieren der Karte mit 50 Euro eine Option.

Auch nicht unseres, wie verlassen die Innenstadt. Am Rande befindet sich ein Bistro. Dort bestellen wir uns einen Nibiello. Ein wunderbarer Wein wird uns gereicht, eine Menge, die auch den Namen verdient und mit 8 Euro allemal wert – zu Hause hatte ich für 7,50 Euro ein Glas Wein erhalten, der es locker mit einem Entwicklungslabor für Essig hätte aufnehmen können.

Zum Wein werden Schinken und Käse gereicht – Leben wie Gott in, ne, hier sind wir wo anders.

Von Barolo aus geht es weiter in Richtung Süden, Monte d‘Alba ist das nächste Ziel – aber schnell wird vor Ort klar, dass es dort nicht viel zu sehen gibt. Der Himmel macht zu, wir werden vom Wettergott in Richtung Übernachtungsstandort geschickt.

Dort angekommen bestellen wir noch eine richtig kalte Flasche Rosé, mit passendem Motiv


Freitag, 22.09.2023

Eigentlich sollte es Wettertechnisch besser werden, alleine das Wetter weiß wohl nicht viel davon.

Es schüttet seit dem Morgen, das Wetterorakel meint, dass es gegen 12 Uhr besser werden soll. Der Himmel wird beobachtet, eigentlich mehr beschworen. Und es tut sich was, blaue Streifen sind erkennbar. Gegen Abend soll es wieder regnen, ein Blick auf die Landkarte und Alessandria hat es uns angetan. Der kürzeste Weg geht durch Asti, der schlimmste sicherlich auch. Ab auf die Autobahn, es werden jede Menge Minuten und Stress wettgemacht, den Obolus an die Straßengötter Maut sehe ich ja erst zu Hause.

Alessandria ist eine sehr große Stadt und zu unserem Erstaunen wohl noch nicht komplett für den Autoverkehr gesperrt. Wir nehmen den zentralsten Parkplatz, nicht weit weg vom Rathaus. Diesmal sind wir nicht so schlau und suchen die Tourinfo, es wird auf eigene Faust erkundet. Was sich schnell als nicht besonders erfolgreich herausstellt, die Enden der Innenstadt sind schnell erreicht, das echte Stadtzentrum aber nicht. Das Handy muss es richten, dank der seltenen Nutzung der Maps-Funktion geht es erst mal in die falsche Richtung. Neben schönen Gebäuden sind aber auch sehr schön verkleidete Mobilfunk- und Richtfunkmasten zu sehen.

Als auch das behoben ist, fängt es richtig gut zu werden. Schöne Läden und Passagensäumen die Straßen, eine schöne Sitzgelegenheit an einem Cafe machen den Tag perfekt. Für uns wird eine neue Flasche Weißwein aufgemacht – und der ist mal wirklich gut!

Nochmals durch die Straßen bummeln, eine kleine Patisserie hat es uns angetan, das Leben laufen lassen.

Später geht es zurück, am Haus erwartet uns ein kalter Sekt auf unserem kleinen Balkon in der Abendsonne, die Aussicht auf die westlichen Berge, den italienischen Alpen, die zu den französischen Alpen grenzen, liegen uns zu Füssen – wir glauben fest daran.


Samstag, 23.09.2023

Der Samstag ist recht ereignislos. Nach dem Frühstück ab in die Markthalle und noch etwas Asti-Spumante für die Nachbarn eingekauft.

Um den Tag dennoch für die Leserschaft etwas interessant zu machen, anbei ein paar Bilder des Anwesens

Am Mittag wartet eine Wiederholung auf uns: Wir haben uns nochmal zum Essen angemeldet und bekommen weitere spezielle Nuancen der Piemontesischen Küche serviert. Sehr fein.

Der Sonnennachmittag wird mit dem Verschlingen von Büchern verbracht.


Sonntag, 24.09.2023

Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und es juckt in den Fingern.

Wir packen das Moped aus dem Hänger, es sieht dieses Jahr das erste Mal die italienische Sonne. Alles geht mittlerweile sehr routiniert von statten, wir werden von fünf neugierigen Katzen beäugt. Ab ins Haus und die Klamotten übergezogen. Eigentlich war das abfahren der romantischen Straße angedacht, aber für heute soll es eine kleine Runde um das Haus werden.

Die Kiste springt auf den ersten Drücker an, der mittlerweile über 12 Jahre alte Akku macht keinerlei Anstalten in die Knie zu gehen und der Anlasser verrichtet seinen Dienst. Der Rest vom Motorrad ist eh völlig unbeeindruckt, als käme es direkt aus dem Werk.

Ab vom Hof und gleich rechts ab in die Prärie. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tals gibt es einen weiteren Hof mit Unterkunft und guter Verpflegung, aber eben auch mit eigen gezüchteten Rindern verschiedener Rassen. Es macht Spaß so langsam rumzufahren und unser Urlaubsdomizil von der anderen Seite zu betrachten.

Wir fahren kreuz und quer über die kleinen Straßen, ab und an muss das Fahrzeug gewendet werden, so kommen wir wieder am Haus an.

OK, neuer Ansatz. Wir fahren nochmal die Strecke, die wir mit dem Auto abseits in Richtung Winzer unternommen hatten. Alle kleinen Wege führen ins Nichts oder auf Schotterstrecke. Also ist wenden angesagt, so dass wir schlussendlich doch auf der Strecke bleiben, die wir mit dem Auto unternommen hatten. Ich bin aber dennoch überrascht, wie eng das Sträßchen ist, denn selbst mit dem Motorrad will man keinen Gegenverkehr.

Es geht in Richtung Norden, links von uns sehen wir immer teilweise schneebedeckte Gipfel der italienisch/französischen Alpen. Wir reden uns ein, dass die in nordwestlicher Richtung sichtbaren Gipfel dem Mont Blanc gehören. Wir ziehen eine große Runde ohne Ziel, immer mal wieder halten wir an.

Ab und an muss man ja tanken, da ich meine Kreditkarte an einer Tanke liegen gelassen habe, kommt die der Dame zum Einsatz oder eben Bargeld. Bargeld hat einen gravierenden Nachteil: Die Tanken in Italien sind ähnlich wie in Frankreich komplett auf Automaten umgebaut, d.h. Geld oder Bargeld in den Automaten. Was aber bedeutet, dass im Falle von Bargeld eine Abschätzung der zur Verfügung stehenden Leermenge vorgenommen werden muss. Oder anders gesagt, im Normalfall bekommt man einen vollen Tank nicht hin. So tanken wir für 15 Euro, d.h. wir versuchen es, denn der Automat nimmt kein Geld an und wir müssen eine weiter Tanke suchen. Gesagt getan, es klafft dennoch eine große Lücke nach der Aktion im Tank. Hier sei gesagt, dass Deutschland eines der letzten Länder mit dem Hang zum Bargeld ist, selbst das alte Muttchen im Supermarkt bezahlt schon mit dem Smartphone.

Es geht wieder nach Süden, wir nehmen eine kleine Straße abseits der großen Routen. Hier nochmal der Hinweis: Was im Navi als Straße aussieht, das Schild auf der Straße als Romantische Straße beschreibt, kann sich in Natura als eine Mini-Straße in Richtung des nächsten Wohnzimmers entpuppen. Es wird das ein oder andere Mal schon recht eng, was kommt wohl nach der nächsten Biegung?

Bilder haben wir leider keine von der Aktion

Es geht gut aus, wir kommen wieder in bekannte Gefilde, noch schnell im Supermarkt in Asti einkaufen, es ist Sonntag, und ab nach Hause.

Dort verbringt das Mopedpaar dann mit Büchern den Rest des Nachmittages in der Sonne.

Hier die Aussicht des Schreibenden

Damit ist die kleine Tour mit 100 KM auch vorbei.


Montag, 25.09.2023

Heute wollen wir nochmal bzw. das erste Mal eine große Tour im Piemont auf der Kiste machen. Nach dem frühen Frühstück wird alles am Moped verstaut und es geht schnellen Fußes in Richtung Alba. Trotz der schönen Sonne und vermeidlich angenehmen Temperaturen kann man den Herbst nicht verleugnen, es ist nicht wirklich warm bei der Fahrt.

Von Alba aus wollen wir entlang der ausgewiesenen romantischen Straße die Gegen erkunden. Morgens wurde das Navi anhand einer Karte gefüttert, und schon geht es auf kleinen Wegen quer durch die Weinberge. Teilweise ist die Ernte der roten Trauben im vollen Gange, teilweise sind die Reben schon abgeerntet, aber zu großen Teilen hängen die tiefroten Trauben noch an den Reben.

Wir tuckeln mit niedriger Geschwindigkeit entlang der Straße, das Navi für den nächsten Abzweig immer im Blick. Teilweise wird in Wege abgebogen, die man normalerweise als unfahrbar ein klassifizieren würde. Egal, rein und durch.

Wir sind im Ferrero-Land, d.h. überall werden Haselnüsse angebaut. Von der Rückbank kommt das Signal des Haltens, links von uns jede Menge Nussbäume. Mit einem diebischen Lächeln steigt die Mitfahrerin ab und geht schnurstracks auf die Bäume zu. Dort angekommen, werden Teile, die sich später als Nüsse erweisen, gepflückt. Schnell ein Beweisfoto erstellt und dann mit energischem Tritt die Nuss geöffnet. Aber die Nuss ist leer. Nächste Nuss, gleiches Ergebnis. Noch weiter Nüsse geopfert, aber kein Erfolg, alle Nüsse leer.

Später soll sich dank Los Googolos herausstellen, dass die guten Haselnüsse sich vom Baum trennen und einfach aufgesammelt werden können – aber schon Ende August und nicht Ende September. Das mit unseren landwirtschaftlichen Erfahrungen ist noch ausbaufähig.

Wir fahren die Strecke weiter ab, einiges ist definitiv sehr sehenswert, andere Teile würden wir so nicht empfehlen.

An einer Stelle, die ich am Vortag bei der Programmierung schon meine Probleme hatte, fuhren wir abseits der Straße zwischen alten Häusern durch. Dann wurden der Weg sehr eng, aber auch von Pflanzen fast komplett umwuchert – eine Wegbeschilderung meinte, wir wären richtig – aber auf dem Straßenbelag, oder das, was man dafür halten konnte, lag so viel altes Laub, dass der Tatendrang des verantwortlichen Fahrers schwer gehemmt wurde. Und das bei steil bergab.

Bevor die Situation komplett aus dem Ruder laufen konnte, wurde das Ruder herumgerissen, besser die Maschine in die andere Richtung umgedreht.

Ohne Navi wird nun nach Sicht gefahren, die oben gelegene Ortschaft als visuelles Ziel um die Nase drapiert.

Auf der Internetseite gab es vorab folgenden Hinweis: Die Strecke eignet sich für Autofahrer, Radfahrer und für schmale Campingmobile. Ganz ehrlich, teilweise würde ich die schmalen Campingteile gerne sehen, die da durchfahren sollen.

Wir kommen am visuell angepeilten Ziel auf einer Anhöhe an – unterwegs konnte die andere Seite der seltsamen verlaubten Straße ausgemacht werden, no and never wäre das gut ausgegangen – und es wird die direkte Strecke zur Innenstadt gewählt. Am alten Stadttor angekommen ist nicht ganz klar, ob das eine gute Idee gewesen ist. Aber in Anbetracht der steilen Strecke der nicht wirklich vorhandenen Möglichkeit zu wenden beschließen die tapferen Enthusiasten die Durchfahrt durch die Altstadt zu wagen – in der Hoffnung, nicht mit den Spiegeln oder den Knien links und rechts an den Häuserwänden zu streifen.

Am Ende kommt der wagemutige Tross wieder in die verkehrsrechtliche Zivilisation, ein kleiner Platz mit einem Cafe erwartet die etwas fertigen Touristen.

Die Kiste wird abgeparkt,  das Cafe betreten und die Dame des Hauses bestellt zwei Panini. Meines wird mit einem Vitello Tonato veredelt, was sich als wirklich Klasse entpuppt.

Neu gestärkt geht es an den Rückweg, das Navi ist von dem Abweg völlig verwirrt und will immer woanders hin, noch ein Tankstopp – wir erinnern uns an das Thema Bargeld und Schätzung der Leere des Tanks – und fahren auf kleinen Wegen zurück an die Behausung. Noch ein kurzer Stopp im Ort, in dem wohl Asti-Sekt hergestellt wird.

Etwas über 200 KM haben wirklich viel Spaß gemacht, aber etwas Wehmut macht sich breit, es dürfte eines der letzten Fahrten dieses Jahr bei angenehmen Temperaturen und landschaftliche Aussicht sein. Ich bin froh, dass meine Dame hinten drauf das alles mitmacht und ihre Freude an diesem Teil der Freizeit- und Urlaubsgestaltung hat.

Morgen ist der letzte Tag, klassischerweise wird der geruhsam angegangen.


Dienstag, 26.09.2023

Während die ersten Tage im Piemont eher bewölkt waren, scheint seit Samstag die Sonne, es hat wunderbares Wetter. Ich darf wieder meinen Brötchentransporter starten, die Katzen kennen uns ja nun, aber mit dem Motorrad fremdeln sie noch etwas.

Am Haus angekommen, gibt es heute das letzte große Frühstück – am Abfahrtag wollen wir unterwegs etwas zu uns nehmen.

Eigentlich ist ausruhen angesagt, aber hat das jemals geklappt? Wir beschließen Asti nochmal zu überfallen, das Wetter ist einfach zu schön.

In einem Laden können auch schon Weihnachtskalender gekauft werden. Ich finde einen besonders gut, er ist für die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr

Noch einmal muss eine Bar überfallen werden, wer weiss, wie oft man das bei den Temperaturen noch außen machen kann – im T-Shirt!

OK, es lässt sich nichts dran rütteln, wir müssen zurück. Einmal packen, bitte. Zuerst wird der Hänger bestückt, wir werden dabei interessiert von den Katzen beäugt.

Wieder alles sehr routiniert und ein weiterer Interessent kommt dazu. Der Eigentümer des Agriturismo hat ein paar Fragen an mich, der Lastenhänger samt Motorrad scheint ihm zu gefallen. Nach dem Beladen des Motorrades kommen noch ein paar Kisten Wein, bestelltem Sekt der Nachbarn, Nudeln, Motorradklamotten, Stiefel, Kekse – also das übliche eines Urlaubs hinzu.

Nun noch die Kleider einpacken, den Küchenkasten fertig machen, etwas Abendbrot essen und ein letztes Mal den Abend genießen. Wehmut macht sich breit.

Noch etwas den Mond anheulen, dann geht es ins Bett.

Rückfahrt? Ja, die gab es auch, keine nennenswerte Ereignisse. Früh aufstehen, Auto packen, Anhänger dran und ab auf die Autobahn. Der Rest ist Routine.

Haben wir eigentlich schon eine Idee für das Frühjahr? Ja, sogar schon gebucht, aber das wird eine andere Geschichte.