Man übernachtet in einer typischen bäuerlichen Unterkunft des Agriturismo, tankt neue Energie und genießt dabei eine Küche, die einen um den Verstand bringen kann*
* DuMont Bildband Atlas der Reiselust Italien: Inspiration für ein ganzes Leben
Wie jedes Jahr mussten auch wir uns wieder mit einem möglichen Urlaubsziel auseinandersetzen. Was aus unserer großen Liste könnten wir denn diesmal machen? Ein Thema schieben wir seit ein paar Jahren vor uns her und die Frage ist, wie lange sind wir noch in der Lage, solche Sachen zu machen. Kurzum, wir wollen den italienischen Stiefel umrunden. Mit dem Motorrad und das zu zweit samt Gepäck. In unserer Umgebung fällt das Echo teilweise gemischt aus, ist das nicht sehr anstrengend? Aber eben auch viele Zusprüche.
Nächste Frage: Wie lange wollen wir uns Zeit geben? Schnell sind wir bei zwei Wochen, was eigentlich schon sportlich genug ist. Mit An- und Abreise sind es eigentlich zweieinhalb Wochen. Hier kommt das Gepäck ins Gespräch: Für drei Wochen Klamotten mitnehmen? Man könnte ja unterwegs waschen, will man das? Nein, wollen wir nicht. Es gäbe ja DHL … wird aber auch verworfen. Wir einigen uns recht schnell auf An- und Abreise mit Auto und Hänger, dann kann man auch noch was an Kleinigkeiten aus dem Urlaub mitbringen. Die zeitlichen und logistischen Rahmenbedingungen sind gesetzt.
Aber in welcher Zeit ist denn das Wetter so, dass es noch warm, nicht zu warm, aber vor allem nicht nass ist? Hier spielen wir mehrere Wochen innerhalb des Septembers durch. Nicht ganz einfach, dennoch entscheiden wir uns für Anfang September – ob das die richtige Wahl ist?
Es geht in die Feinplanung. Im Forum habe ich mir ein paar Anregungen über die Strecke geholt und grob die Rückfahrt in kleine Strecken eingeteilt. Denn die Rückfahrt soll durch die Apenninen (Gebirgslandschaft mitten durch den Stiefel) gehen. Um irgendwie vorwärts zu kommen, wird die Hinfahrt in den Süden an der Adriaküste in größeren Etappen verlaufen. Einen Schlenker über den Gargano muss auch noch rein.
Mit den Eckpunkten fängt die Dame des Hauses an, meine erfahrene Mitfahrerin und perfekte Unterkunftsorganisatorin, die Übernachtungsstellen auszusuchen. Dabei muss ab und an die Route leicht geändert werden – nicht überall sind die Übernachtungsstätten noch offen. Es vergehen Wochen, wir planen seit März, und langsam ergibt sich ein Bild von der Reise. Da wir Fahrzeug und Hänger im Norden von Italien stehen lassen wollen, wird eine Unterkunft mit einem Unterstellplatz gesucht. Und wir wollen jeweils zwei Übernachtungen dort einplanen. D.h. es soll ein schöner Ort werden. Nach langem Überlegen wird für die Hin- und Rückfahrt jeweils noch eine weitere Übernachtung eingeplant. Ziel des Ausgangspunktes wird in der Nähe von Faenza werden (grob zwischen Bologna und Rimini). Da der Brenner wegen Umbaus ausfällt, fahren wir über Mailand, d.h. auch dort wird die Zwischenübernachtung gebucht.
Und die Motorradtour selber? So ein Navi kann einen schon an den Rand der Verzweiflung bringen. Kopf, Google und Navi sind nicht ganz einfach in Deckung zu bekommen. Schlussendlich klappt es dann doch überraschenderweise, mal sehen, welche Abenteuer das noch bringen wird. Wird es, versprochen.
Packen klappt professionell. Bei meiner Frau geht das mittlerweile nochmals routinierter, vor allem ihr Koffer schließt auf Anhieb. Eine weitere kleine Gepäckrolle und ein Tankrucksack nehmen alles für die Zweiwochentour auf. Ungewohnt ist die zusätzliche Tasche für An- und Abreise. Für die Tour kommt alles in den Hänger, alles andere findet sich im Auto wieder. Der Urlaub kann kommen.
Mit großen Augen schauen wir uns das Wetter für die Tage an. Der Sommer war heiß und ich befürchtete, dass wir etwas Regen abbekommen. Aber die Vorhersagen bleiben sehr warm, auch für die Rückfahrt durch die Berge. Mir schwant da so eine Vorahnung.
Donnerstag 04.09. Deutschland, Schweiz, Italien/Lombardei
Um 7 machen wir uns auf den Weg, die gewohnte Strecke, kaufen die Vignetten in der Schweiz und dann fahren, fahren, fahren. Da auch in der Schweiz mittlerweile 100 km/h für Anhänger gelten, geht es recht zügig. Selbst am Gotthard müssen wir uns nur kurz in den Stau stellen. Hinter dem Tunnel der gewohnte Halt mit einem Cappuccino.
Grenze Chiasso und unsere erste Unterkunft in der Nähe von Mailand ist gegen 15:00h in Sicht. Die Einfahrt zum Agriturismo, eine kleine Kies- und Schlammstrecke, erschließt sich nicht auf Anhieb als wegweisend.
Ein kühles Bier, gut es sind zwei und die Nachmittagssonne nehmen uns in die Arme. Wir sind glücklich und voller Hoffnung auf das Kommende. Abends das erste italienische Essen und ein schöner Wein. Es ist etwas kühl, was durch Jacken und Pullis kompensiert wird. Das WLAN hat den passenden Namen „Quack-WiFi“, es gibt Enten und Gänse auf dem Hof.
Freitag 05.09. Lombardei, Emilia-Romagna
Früh morgens geht es zum Frühstück. Außerhalb ist alles vom Tau komplett nass, es trieft und tropft. Ich bin auf die nächsten Tage gespannt. Ab auf die Autobahn, der Berufsverkehr von Mailand ruft. Später in Bologna nochmal viel Verkehr, ansonsten läuft es gut.
In Faenza angekommen wird es spannend, denn auf der Karte war der Weg zur Unterkunft etwas steil, dafür schmal. Beim Abbiegen von der Hauptstraße wird diese Vorahnung Gewissheit, ein entgegenkommender Traktor samt großem Hänger treiben den Schwitz ins Gesicht. Aber die Straße wird noch enger, dafür mit Schlaglöchern gespickt und es geht durch den Wald. Dann ist das Agriturismo in Sicht, ein wirklich schönes Anwesen, die 850 Kilometern Anfahrt sind vergessen.
Anhänger einparken, Auto abhängen, Tasche im Zimmer verräumen und dann mit einem kühlen Prosecco auf den Start des Abenteuers anstoßen. Pool, Bäume, Wärme und Weißwein können einfach das Leben versüßen. Was für eine Landschaft. Mit etwas Fantasie kann man die Adria entdecken.
Und der Pool wird auch gleich ausprobiert, schön kalt. Die nachmittägliche Aussicht aus dem Fenster.
Abends gibt es dann das, was man als ein gigantisches Essen bezeichnen kann. Was für eine Küche … und diese göttliche Pasta.
Samstag 06.09. Emilia-Romagna
Nach dem wunderbaren Frühstück wird das Motorrad entladen, ich bin danach reif für eine Dusche. Es ist richtig warm, also richtig warm.
Wir machen uns auf den Weg und wollen Ravenna besuchen gehen, was über die Landstraße recht gemütlich geht. Ab in die Stadt, das Auto im Parkhaus verstaut und die Innenstadt erkundet. Ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Vor allem, wenn man nicht wie wir um die Mittagszeit dort ist. Vieles ist einfach zu, wir sollten es eigentlich besser wissen.
Eine leckere Piandine stillt den Hunger, wir werden es aber bereuen. Es ist einfach zu warm, wir machen uns auf den Rückweg. So langsam wird uns klar, wir werden wohl auf unserer Tour nass werden, jedoch von innen.
Zurück in der Unterkunft nehme ich das Motorrad in Betrieb und fahre in die Stadt zum Tanken. Wie an allen Tanken, sind dies meisten nicht mehr mit Personal versehen, sondern mit Karten- und teilweise auch mit Geldautomaten. Etwas ungewohnt, man kennt es aus Frankreich und Spanien, aber das gute ist, dass die seltsamen Öffnungszeiten damit der Vergangenheit angehören. Manchmal gibt es sogar eine Quittung, aber verlassen kann man sich darauf nicht. Also wird jedes Tanken per Bilder dokumentiert. Was sich als sehr sinnvoll erweisen wird, aber anders als gedacht.
Auch an diesem Abend nehmen wir das Essen wieder vor Ort ein, die oben angesprochene Piadine verhindert aber das komplette Leeren der Teller. Einfach unmöglich.
Die Nacht ist warm und verleitet weiter draußen mit einer schönen Flasche Wein zu sitzen, wir wollen aber früh aufstehen. Die Vernunft siegt.