Stivale Italiano 2025 Teil 4

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Samstag 13.09. Basilikata, Kampanien

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Uns empfängt ein wunderbares ausgiebiges Frühstück, mit dem wir eigentlich nicht gerechnet haben. Die Sonne scheint, aber zum draußen Essen ist es noch zu kalt. Neben uns kann ich deutsche Fragmente hören, doch immer, wenn ich hinüberschaue, sprechen alle drei italienisch miteinander. Dennoch traue ich mich die beiden am Tisch in Deutsch anzusprechen. Die beiden sind hocherfreut und wir kommen ins Gespräch. Sie aus dem Pott, er aus dieser Gegend und in jungen Jahren nach Deutschland gekommen. Hier und heute hier, um die „alte“ Gegend wieder zu besuchen. Unsere Tour beeindruckt beide, auch in welchen Gegenden wir schon waren – für ihn ist die Umrundung ein Traum.

Alles ist gepackt, es geht weiter. Schon gestern mussten wir feststellen, dass mit unserer Nordrichtung die Sonne auf den Rücken brennt, d.h. richtigerweise auf den meiner Mitfahrerin. Ihr Körper schützt meinen vor zu starker Aufheizung. Nicht wirklich fair, wie ich zugeben muss. Dennoch ist es zu dieser frühen Zeit sehr angenehm.

Nächster Ort ist Calvello und unser Navi macht sich wieder einen Spaß und will mich entgegengesetzt in eine Einbahnstraße lotsen. Doch ich finde schnell den richtigen Weg. Es geht die SP16 wieder in wunderbaren Kurven entlang, die Reisegeschwindigkeit entspricht dem schon angesprochenen Motorradwandern.

Die Landschaft ist hinter jeder Kurve anders und weiterhin komplett leer. Kurz vor Abriol biegen wir auf die SP5 ein. Nochmal kleinere Straßen mit noch mehr Kurven, was will man mehr. Ein Blick auf den Tacho zeigt, dass Tanken angesagt ist. In Pignola wird das Fass wieder gefüllt, danach geht es in Richtung Potenza.

Potenza lassen wir hinter uns, wir befinden uns auf der SS7. Mittagszeit und in Ruoti versuche ich eine Bar zu finden. Dazu biegen wir in die Innenstadt ab, aber schnell wird klar, dass Kopfsteinpflaster, zugeparkte Seiten und keiner Aussicht auf einen vernünftigen Stopp das Unterfangen abgebrochen werden muss. Ich lasse absteigen und versuche das Motorrad zu wenden, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Es klappt, wir sind wieder zu zweit auf der Kiste. Zurück auf der Hauptstraße weiter entlang bis zum Ende der Stadt. Auf der linken Seite ist eine Bar, aber parken nicht möglich. Wir wenden und fahren zurück. Am anderen Ende der Stadt ist eine Bar, die keine Besucher hat. Deshalb hatten wir die eigentlich auch nicht angefahren, nun muss sie herhalten. Was für ein Glücksgriff, wir bekommen richtig gute Panini mit Mortadella und Mozzarella. Wir bestellen und noch zwei Café, dazu stellt uns der Wirt noch zwei kleine süße Stückchen. War doch die richtige Wahl der Lokalität.

Es geht rauf in Serpentinen nach Muro Lucano, einer sehr schön gelegenen Ortschaft in den Bergen.

Auf der weiteren Strecke verlassen wir hinter Muro Lucano Basilikata und sind in Kampanien angekommen. Weiter die letzten Kilometer entlang der SP381 in Richtung Laviano fahren. Eine kleine Rast im Wald mit Schatten wird noch eingelegt.

Dahinter verlassen wir die schöne kleine Straße und nehmen die SS 691 ein kurzes Stück, um in Materdomi/Caposele unser Hotel für die nächsten zwei Tage anzusteuern. Mit 130 Kilometern heute die kürzeste Strecke auf der Reise.

Hier wird mir ein Unterstellplatz zwischen kleinen Pandas der Mitarbeiter und der Wäsche zugeteilt.


Hier feiern wir etwas unsere bisherige Fahrt, eine Flasche Sekt wird bestellt. Und uns wird ein schöner Tisch mit Tischdecke hergerichtet. Der Hotelbesitzer nimmt sein Mobiltelefon und nutzt die Übersetzungs-App. Ich werden ob der Kenndaten des Motorrades gefragt und was wir in der Umgebung vorhaben. Ersteres ist schnell beantwortet, bei zweiterem haben wir noch keine richtigen Vorstellungen und sind offen. Er empfiehlt uns die Quelle des Flusses Sele im Nachbarort Caposele. Was wir gerne aufnehmen.

Später gibt es noch eine kleine Stadtbesichtigung, ein kleiner Fiat fällt uns auf. Ob der Besitzer was dagegen hat, wenn wir den mitnehmen, denn der Schlüssel steckt drin?

Und die Teller sehen wieder super aus.


Sonntag 14.09. Kampanien

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Da wir hier eine Doppelübernachtung haben, steht der heutige Tag zur freien Verfügung. Eigentlich wollten wir runter an die Amalfi-Küste. Aber 100 Kilometer hin mit zwei Stunden Fahrzeit, dann alles wieder zurück und der Aussicht, an der Küste uns in den Touristenverkehr zu zwängen, lassen ein Umdenken zu. Ich plane eine kleine Rundstrecke über 70 Kilometer in der Umgebung. Das Navi ist programmiert und nach dem Frühstück, an diesem Morgen ist etwas Hektik dort angesagt, geht es auf das Motorrad. Klar, erstmal nach Caposele, die Quelle finden.

Auf der Straße vor dem Hotel ist die Hölle los, denn die Kirche in Materdomi ist ein Wallfahrtsort und heute ist Sonntag. Die Straßen sind teilweise gesperrt, jede Menge Händler am Straßenrand und Unmengen an Menschen. Ab nach Caposele. Es geht in Serpentinen den Berg hinunter und in der Ortschaft gleich wieder hinauf. Schnell erkennen wir, dass man dort via eines Eintrittstickets alles erkunden kann, was wir in unseren Klamotten nicht machen wollen. Es geht zurück an eine Brücke, dort geht Isabella den beginnenden Fluss erkunden.

Der Weg soll laut Navi am oberen Ende des Dorfes rechts durch den Wald gehen, jedoch scheint der nur ganz wenigen Menschen bekannt zu sein, denn wir finden nur eine Mauer an der Stelle, ab der es weitergehen soll. Nach zwei Runden durch die Ortschaft verlassen wir den Ort so, wie wir gekommen sind.

Ich suche eine alternative Straße, muss aber schlussendlich die große Straße nutzen. Nur die richtige Auffahrt verpasse ich und alles Nachfolgende erspare ich den Lesern. Wir sind nun endlich auf dem richtigen Weg, nach rund 7 Kilometern Rennstrecke geht es wieder in die Pampa. Mal wieder kleinste Straßen durch die Felder, dann in den Wald. Es geht richtig bergauf und an einer Serpentine machen wir den ersten Halt.

Es hat wunderbare 24 Grad und der Wald gibt eine klare Luft ab. Wir schauen uns die Karte an, denn der Weg bis hier her war gespickt mit Schlaglöchern. Eigentlich wollten wir auf einen Berg hinauf. Sollte die Auffahrt aber noch schlimmer aussehen, werden wir diesen Teil auslassen. Wir fahren weiter, die Straßenverhältnisse werden schlimmer, das hell-dunkel des Sonnenlichtes im Zusammenspiel mit dem Wald erleichtert nicht unbedingt das Erkennen weiterer Löcher im Asphalt und kommen an den Abzweig. Nö, wir fahren da nicht hin, keine Experimente.

Ein Rollerfahrer überholt uns bzw. ich lasse ihn vorbei. Sehr viel schneller ist er aber auch nicht. Noch ein Stopp, die Natur ist einfach wunderschön. Dann geht es wieder bergab, die Bremsen des Mopeds werden ganz hübsch gefordert. Geschätzte 12% Gefälle fordern ihren Tribut.

Unten angekommen schlängelt sich die Straße wunderbar den Wiesen entlang. Am Ortsrand stehen jede Menge Motorräder, es erinnert an einen Motorradtreffpunkt in der Nähe von Leonberg.

Und ich sehe die erste BMW der Tour, eine /7, auf dem Parkplatz. Nicht weit weg davon parken wir ebenfalls und genießen das noch kühle Wasser aus dem Tankrucksack. Ich gehe auf die BMW zu, der Fahrer scheint gerade weg fahren zu wollen und frage ihn, ob ich die Maschine ablichten darf. Nicht ohne auf unser gutes Stück hinzuweisen. Er bejaht und kommt mit zu uns. Ganz begeistert von der schwarz-gelben GS mach er ebenfalls jede Menge Bilder, wir unterhalten uns auf Englisch und die wichtigsten technischen Daten werden ausgetauscht inklusive aller Veränderungen an meinem Moped.

Ich schaue nochmal auf das Navi und ändere kurz die Strecke, denn den gleichen Weg wollen wir nicht zurückfahren. Auf der großen Straße fahren viele italienische Motorräder einen schnellen und teilweise lauten Stiel, wir nehmen die kleinere und kürzere Strecke, da wir früh zurück sein wollen. Es geht wieder durch den Wald, die Straße hat auch Schlaglöcher und die Reisegeschwindigkeit fällt teilweise unterhalb der 30 Kilometergrenze. Wollten wir nicht etwas komoder fahren? Es geht steil bergauf und dann wieder steil bergab. Da uns jedoch Autos entgegenkommen, scheint es ein gültiger Weg zu sein.

Wir machen eine Pause, die Hand ist vom ständigen Bremsen etwas beleidigt, und genießen die Stille mit angenehmen Temperaturen.

Am Ende kommen wir an gewünschter Stelle hinaus, unterwegs immer wieder sehr steile Abfahrten, teilweise auch in den Ortschaften. Gut fertig noch die letzten Kilometer zurück zum Hotel, unterwegs noch für den nächsten Tag tanken.

Zurück am Hotel müssen wir dem Hotelier über unseren Tag berichten, er wartet schon auf uns. Nach dem Umziehen geht es nochmal in den Ort, ein kleines Eis und dann gehen wir die Verkaufsstände ab. Etwas Nougat muss mit, wird in der Umgebung hergestellt, die Gepäckrolle wird es aufnehmen.

Da heute das Restaurant abends geschlossen hat, nehmen wir einen kleinen Imbiss in einer Café-Bar ein, natürlich wieder mit einem echten italienischen Café.


Montag 15.09. Kampanien

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Zum heutigen Ziel sind es nur wenige Kilometer auf dem direkten Weg, d.h. ich hatte einen kleinen Umweg über kleinste Straßen vorgesehen. Am Abend vorher noch ein Blick auf die heutige Fahrt geworfen und gesehen, dass wir die gleiche Strecke nochmals fahren, die wir am Vortag als erstes genommen haben. Schnell wird die Route angepasst und das erste Stück entlang der SS7 bis Montalla geplant. Mit dem ganzen Gepäck auf der Rüttelstrecke wollen wir uns nicht wieder antun.

Vor der Abfahrt, das Frühstück ist wieder genial, werden wir vom Sohn des Hotelbesitzers am Motorrad abgelichtet. Es gibt eine Wand mit vielen Bildern von Fahrrad- und Motorradfahrern. Wir kommen wohl hinzu, dann definitiv mit einem der ältesten Mopeds. Es selber fährt eine alte Tenereé, kaum jünger als meine BMW.

Wir machen für uns auch ein Erinnerungsbild.

Die schnelle Strecke haben wir bald hinter uns gebracht, es geht wieder durch den Wald. Die SP164 lässt sich sehr entspannt entlangfahren, die Sonne gibt ein tolles Schattenspiel. Wir nutzen den Schatten für eine kurze Pause. Dann kommt ein LKW auf unserer Seite angeschossen, von der anderen Seite ein weiterer PKW. Der LKW weicht ohne Geschwindigkeitsreduzierung in unsere Richtung aus, wir springen schnell von der Straße und ich sehe die Kiste schon plattgerollt auf der Straße. Es reicht um Haaresbreite, brauchen muss ich das nicht.

Etwas weiter kommen wir durch Kastanienanlagen, die mit Zäunen gesichert sind. Ein Stopp, denn von hinten wird eine Inspizierung der stacheligen Früchte angefragt.

Auf der Höhe von Rovella ist der südlichste Punkt des kleinen Umweges erreicht, es geht in westlicher Richtung wieder nach Norden. Das könnte spannend werden, denn beim planen sahen die Strecken sehr klein aus. Es wird spannend, denn kurz vor Rovella ein „Durchfahrt verboten“ Schild. Ich fahre nach links, wende dann, denn so ein Schild muss ja nicht bedeuten, dass man da nicht durchkommt. Zumindest gestern im Wald der zweiten Strecke hatte es ja geklappt. Schnell wird klar, viele Leute fahren hier nicht entlang. Als dann immer mehr grün aus der Fahrbahn ragt und wir befürchten, irgendwann nicht mehr vernünftig wenden zu können, beschließen wir den Rückzug. Das Navi ist ganz und gar nicht meiner Meinung, aber es muss sich unserer Entscheidung fügen. Die Umleitung, wie immer nicht ausgeschildert, ist schnell gefunden, der ursprünglich geplante Weg kann wieder aufgenommen werden.

Eine weitere kurze Pause wird eingelegt, um den Weg ggf. nochmals zu begutachten.

Es sieht alles besser aus, als gedacht. Die Strecke ist recht breit ausgebaut und sieht vertrauenserweckend aus. Doch in Giffoni Valle Piana das nächste Schild. OK, das Navi kennt eine Umleitung, perfekt. Nach drei Kurven stehe wir in einem Hof, Sackgasse. Keine Ahnung, wo das Navi hier weiterfahren will. Mal wieder wenden und zurück auf den Hauptweg, vorbei an dem Verbotsschild. Isabella hat einfach die besseren Augen, denn sie hat den Hinweis auf „November bis März“ entdeckt, d.h. jetzt noch befahrbar. Und es kommen uns Autos entgegen. Wieder geht es kräftig den Berg hoch, Serpentinen werden schon durch Schilder angezeigt. Und noch ein Verbotsschild, ich kann sie nicht mehr sehen. Diesmal interpretiere ich es als „es kann Engstellen geben“. Weiterfahren, als ob nichts wäre.

Serpentine um Serpentine klimmt sich die Straße immer höher, ab und an sieht man Geröll am Wegesrand liegen. Dann liegen richtig große Brocken am Rand, was wohl der Hinweis vorher ankündigen wollte, ein Felssturz. Oben am Kamm angekommen eine kleine weitere Pause. Ein Abschlepper mit einem Auto kommt uns entgegen, wir gehen davon aus, dass ein Motorschaden der Grund ist und fahren weiter.

Alles bestens, die Strecke hat zwar weiterhin viel Geröll am Rand, aber wir können ohne Probleme den Weg entlangfahren. Und die Aussicht ist es immer wieder wert, diesen Umweg zu nehmen. Ich bin wieder ganz glücklich mit meiner Streckenplanung, wie immer kaum Verkehr und viel zu sehen.

Es geht in Richtung Serino, dort wollen wir Mittag machen. Quer durch die Innenstadt kommen wir an eine Café-Bar und halten. Drinnen an der Theke wird uns die Auslage ausführlich erklärt und wir wissen schnell, was wir wollen. Und zu unserem Lemon-Soda werden Eiswürfel und Zitrone serviert, damit den warm gewordenen Motorradhelden etwas Kühlung entgegengebracht werden kann. Die Paninis werden kurz im Ofen aufgewärmt, lecker.

Nach der Stärkung geht es weiter, nach Möglichkeit nicht auf der großen Straße. Schon biege ich auf diese ein, muss schleunigst illegal wenden und zurück auf die kleine Straße. Weiter, immer weiter schlängelt sich der Weg in Richtung Norden. Wir Queren nochmals die große Straße und kommen kurz vor Beneveto nach 14 Kilometern zu unserem Ziel, einem Agriturismo, an.

Das Ritual des Ankommens, einchecken, abpacken, Zimmer entern, duschen, umziehen geht schnell von der Hand. In dem Agriturismo werden nur zwei Zimmer angeboten, die sich im oberen Teil des Hauses befinden. Die Wirtsleute können nur Italienisch, d.h. mein Bröckel-Italienisch muss herhalten. Wir bestellen eine Flasche eines wunderbaren Weißweines und Mineralwasser (Gassata) und setzen uns in den Schatten.

Was für eine Umgebung, ich bin wieder überwältigt, was meine Frau an Unterkünften ausgesucht hat.

Leider hat das Restaurant nur am Wochenende geöffnet, aber ein Sohn bietet uns eine italienische Vesperplatte ab 7 Uhr abends an. Ungewöhnlich früh für italienische Verhältnisse, uns kommt es aber sehr entgegen. Draußen? Draußen!

Womit wir nicht gerechnet hatten war, dass ein Tisch samt Tischdecke und ein sehr schön gemachtes Essen vorbereitet wurde. Auf einem Nebentisch dann Wein, Grissini und Brot – perfekt. Und das alles mit einer schönen Frau zu erleben, ist schon Weltklasse.

Und um den Kitsch noch komplett abzurunden, gab es einen wunderschönen Sonnenuntergang hinter den Bergen.

Völlig im Glück gaben dann in später Stunden die Augen nach, es wurde dunkel dahinter.

Weiter mit Teil 5