Stivale Italiano 2025 Teil 2

1 – 2 – 34567

Sonntag 07.09. Emilia-Romagna, Marken

Strecke auf google

Um 8 gibt es Frühstück, aber es fällt mir schwer, um diese sehr frühe Zeit etwas von den wunderbaren aufgetischten Sachen zu essen. Ich packe mir ein belegtes Brot ein. Das Moped wird gepackt, wir sitzen auf und starten sowohl den Motor als auch die Tour: Es geht los. Vorher noch bei den Gastleuten verabschieden. Man verspricht uns, dass auf Auto und Hänger ein Auge geworfen wird.

Um schnell vorwärts zu kommen, werden außer Autobahnen vermeintliche Schnellstraßen befahren. Das Navi zeigt mir den Weg, leider nicht immer zu unserem Vorteil. Bzw. ab und an missachte ich wohl auch die Hinweise, was mit dem Befahren von Spaghetti-Knoten belohnt wird. Die Himmelsrichtung hilft nicht, die Straßenverläufe sind nach einem mir nicht zugänglichen Muster geplant worden. Wir nehmen statt dem Navi Blickkontakt zu den Schildern nach Cesena und Rimini als Fahrtrichtung auf, denn das Navi will mal wieder auf die Autobahn.

Rimini, der Sehnsuchtsort vieler Deutscher in vergangenen Tagen, will nicht so richtig in meine Italienvorstellung. Doch da sind sie, die akkurat aufgestellten Schirme und Bezahlstände. Wir haben einen Abstecher ans Meer gemacht, Isabella ist vor vielen, vielen Jahren mit Family dort gewesen. Ein kleines Wiedersehen.

Die Sonne scheint, ab 13:00h wird es richtig warm. Madame am Wasser, ich mit dem Brot vom Frühstück am Motorrad. Es feuchtelt im Innern.

Wieder auf die Strecke und KM machen. An Ancona (Fährhafen) vorbei in Richtung Pescara, Montesilvano ist unser erstes Ziel. Auf der Strecke ist Aquilla, später Perugia und Rom ausgeschildert. Verfahren? Sind das nicht, mit Ausnahme Rom, Ziele der Rückfahrt?

Es wird eine Cafe-Bar angesteuert, auch ein immer täglicher Stopp. Panini und noch mehr Wasser werden eingenommen. Aucqua Minerale ist klar, aber mit Sprudel? Con Gas ist spanisch, Frizzante scheint das Stichwort zu sein. Obwohl ich einen anderen Begriff im Kopf habe. Irgendwann fällt er mir auch wieder ein: Gassata. OK, die meisten können englisch, d.h. Sparkling drückt den richtigen Knopf. Und ab Mittag? Ja da kommt die Sonne voll zum Tragen, d.h. 30 Grad dürften es wohl sein, was einige Anzeigen auch bestätigen. Doch die falsche Zeit gewählt?

Nach 344 KM kommen wir am Nachmittag an unserem ersten Hotel an. Auch hier hat meine Mitfahrerin ein tolles Haus direkt am Meer ausgesucht. Zimmeraussicht mit Stand, Palmen und blauem Himmel.

Nach dem Umziehen geht es die Promenade entlang, bis wir eine kleine Pizzeria entern. Wir haben Hunger, es gibt Focaccia. Müde, aber zufrieden geht es zurück, wir fallen ins Bett.


Montag 08.09. Marken, Abruzzen, Molise, Apulien

Strecke auf google

Der Wecker wirft uns aus dem Bett, heute wird wieder Strecke gemacht. Ziel ist der Gargano, der Sporen des Stiefels.

Morgens empfängt uns ein wunderbarer Sonnenaufgang, die Zimmerlage ist blendend.

Wir genießen das tolle Frühstück, praktisch wie wir sind, schon in Moped-Klamotten. Diese Marotte behalten wir die ganze Strecke bei und sparen damit ein weiteres Umziehen und verpacken der Klamotten. Nach dem Aufladen, es ist 9 Uhr morgens, also alles vor dem Wachwerden, wird erstmal eine Tanke angesteuert. Dies wird auch ein tägliches Ritual werden.

Vormittags ist es ja noch recht erträglich mit um die 25 Grad. Pescara, Vasto und Termoli werden wir heute streifen. Aber man kann von der Küste aus schon die Berge sehen, die wir vermutlich auf dem Rückweg entlang fahren werden.

Wir biegen von unserer Südrichtung in Richtung Osten ab. Wir sind am Gargano und wollen diesen Sporn einmal umrunden. Denn es gibt zwei historische Gründe: Bei Isabella ein Kurzurlaub in sehr jungen Jahren gemeinsam mit einer Freundin, die aus Manfredonia stammt. Bei mir ist es der erste große Urlaub mit dem Motorrad, mit dem wir auch in diesem Urlaub unterwegs sind. Gerade mal 33 Jahre her.

Obwohl der Gargano sehr touristisch erschlossen ist, wirkt der Küstenbereich doch recht ansehnlich. Über Torre Mileto und Capoiale geht es nach Rodi Garganico, meinem damaligen Urlaubsstandort. Wunderbares blaues Meer, schöne Strände und unsäglich viele Schirmchen. In Rodi angekommen, ich erinnere mich wieder an die Einbahnstraßen, wird es mir recht mulmig, denn in abenteuerlichen Steigungen geht es in Schritttempo durch die Gassen. Immer auf den Vordermann schauen, nicht dass dieser unverhofft rückwärtsfahren will. Mit dem ganzen Gepäck könnte das in Stress ausarten.

Nachdem die Innenstadthürde genommen ist, geht es an den Hafen, denn dort müsste sich die damalige Unterkunft befinden. Die Erinnerung trügt nicht, wir finden die Bleibe und machen ein Bild zum Vergleich.

In der Nähe befindet sich eine Café-Bar, es ist Mittag. Es fühlt sich sehr gut an, mal die Lederklamotten über den Stuhl zu legen. Neben einem guten Panini gibt es etwas Neues in unserem Getränkeplan: Lemon-Soda. Wir lernen es lieben. Ein Italiener spricht mich auf das Motorrad an und will die Kenndaten wissen. Seine Frau übersetzt freundlicherweise, so muss ich nicht so viel raten.

Es geht weiter der Küste entlang, d.h. erst den Nordteil, dann den Ostteil und weiter in den Süden. Wunderbare Stände mit Knoblauch, Olivenöl und anderen Leckereien säumen die Straße, nur Platz dafür haben wir nicht. Ein weiterer Stopp an der Nord-Ostseite beschert uns wieder eine super Aussicht. Neben Strand und Schirmchen kommen wir auch an einem Fischerhäuschen vorbei, wie wir es oftmals schon in Reportagen gesehen haben. Klar, zwei Deutsche sprechen uns an, unser Kennzeichen verrät einfach unsere Herkunft.

Es geht durch den Wald, die Temperaturen sinken um beträchtliche 2 Grad auf ca. 28 Grad ab, was für eine Wohltat. Wunderbare Strecken mit sehr schönen Kurven, gespickt mit Steigungen lassen das Motorradfahrerherz erfreuen. Die Kurven können schwungvoll genommen werden, wir sind jedoch recht gemütlich unterwegs. Hier entsteht der Begriff des Motorradwanderns, ein Begriff, der sehr gut zu unserm Fahrstil passt. Noch eine Kurve, die nächste in Sicht. Nur das Herz wird ganz schnell beschleunigt, ein Sattelschlepper kommt um die Ecke. Meine Kurve etwas zu eng genommen, er seine durch den Hänger recht ausladend und wir stehen uns Gesicht zu Gesicht gegenüber. Alles bestens, beide können schnell anhalten. Ich kann ausweichen und den LKW umrunden. Eine zweite, etwas weniger dramatische Begegnung zeigt: Am Gargano sind unter der Woche LKWs unterwegs, auch auf so idyllischen Straßen.

Die Südseite ist etwas weniger spektakulär, so nehmen wir die Füße in die Hand und geben Gummi. Das Navi will mich nach einen Tunnel nach links abbiegen lassen. So hatte ich es auch in der Vorplanung gesehen. Nur eine doppele Linie will mich nicht dort hinlassen. OK, wir fahren an der vermeintlichen Ausfahrt vorbei, ich wende waghalsig und ab in die Abfahrt. Aus dem Augenwinkel kann ich noch was wie Wirtschaftsweg erkennen, von hinten wird die Frage gestellt, warum ich zur Müllabfuhr will. Wir drehen und überqueren nochmals den Doppelstreifen. Das Navi korrigiert und will, dass wir an der nächsten Abfahrt wieder in die entgegengesetzte Richtung fahren. Links ist nun wirklich die Abfahrt, aber eben auch der Doppelstreifen. Das Navi hat Recht, an der nächsten Abfahrt können wir über eine Brücke gefahrlos wenden und kommen endlich am Ziel an, nach 280 KM.

Komplett nass und etwas fertig, es ist mittlerweile 16:00h, wird unser Gepäck nach dem einchecken mit einem Golf-Caddy vom Parkplatz zur Unterkunft gebracht. Ich mag gar nicht an den nächsten Morgen denken, muss doch das ganze Geraffel wieder zum Moped transportiert werden. Das soll aber die Sorge des nächsten Tages werden.

Ab in die Dusche und mit einem kühlen Bier an den Pool, die Dame des Hauses nutzt das kühle Nass von innen und außen.

Abends, das Hotel hat kein eigenes Restaurant, geht es an den Strand. Es ist schon recht spät, aber zu früh zum Essen. Der Stand ist leer, die Schirmchen warten eingepackt auf die Gäste des nächsten Tages.

Das Restaurant am Strand öffnet, unsere Entscheidung fällt auf eine Pizza, was in Italien wohl nichts Außergewöhnliches ist. Zurück an der Unterkunft empfängt uns der Turm. Wir sind uns sicher, an den Gargano müssen wir nochmal hin.


Dienstag 09.09. Apulien

Strecke google

Es ist laut im Frühstücksraum, eben italienisch. Aber vor dem Aufwachen? Auch heute hat der Wecker uns aus dem Koma geholt. Das Frühstück ist gut, nur der Kaffee miserabel. Dann sehe ich, dass wir am Nescafé-Automaten angestanden hatten. Dieser Fehler wird umgehend korrigiert. Der Himmel ist wunderbar blau, die Sonne scheint und ich versuche Motorrad und Gepäck zueinander zu bekommen, ohne direkt danach in die Dusche zu müssen. Klappt aber besser als gedacht, wir sind wieder unterwegs. Nächste kurze Etappe ist Manfredonia. Wie gewöhnlich nehme ich die falsche Abfahrt und wir landen im Zollhafen – nicht ohne vorher noch eine böse einbetonierte Bodenwelle komplett mit zu nehmen. Es gibt aber keine Schäden, nur einen fürchterlichen Schreck. Wenden, Bodenwelle vorsichtig umfahren und dann in die Stadt.

Die ist riesig und ich nehme noch schnell eine Tanke in Angriff, welche kurz vorher wohl repariert wurde. Alle Mechaniker beäugen mich beim tanken, irgendwie fühlt man sich beobachtet. Alles bestens, der Tank ist wieder voll.

In der Stadt versuchen wir im Hafenbereich, also den ohne Zoll, den Bereich zu finden, an dem sich die Damen vor vielen Jahren im Januar bei Kälte aufhielten. Wir beschließen den Ort gefunden zu haben und lichten diesen ab.

Wieder auf der Strecke, es bewölkt sich leicht, d.h. es ist nicht zu warm, fahren wir entlang der Küste wieder in Richtung Süden. Ab Zapponeta führt eine kleine Straße zwischen einem See und der Adria entlang. Nur ein Schild meint, dass es dort nicht weitergehen würde. Schilder halt, jedoch es hat leider Recht. Keine 9 KM später wird die Weiterfahrt verwehrt. Umdrehen, wieder 9 KM zurück. Früher konnte man sich auf die Schilder verlassen, dass sie für nichts stehen. Irgendwie hat sich hier etwas geändert. Auch, dass in Ortschaften nur 30 erlaubt sind und auf Landstraßen 50. Um dem Nachdruck zu geben, stehen auch noch Blitzen am Wegesrand. Sind die alle in Betrieb und machen die die Bilder von vorne oder von hinten? Ich bin mal auf die Post in den nächsten Monaten gespannt.

Heute geht es an Barletta, Bari, Monopoli (war das nicht ein Spiel) weiter bis Brindisi. Kurz dahinter müsste unsere dritte Unterkunft sein. Die Bedeckung des Himmels hat sich aufgelöst, dafür brät die Sonne unerbittlich. Große Straßen fahren oder doch die kleinen? Es wird abgewechselt, die großen Städte umfahren wir mit der Schnellstraße, den Rest mit den Holperstrecken. Warum aber 50 KM/h? Mittags, wir kommen kaum aus den Jacken, so anhänglich kleben sie am Körper, wird eine Café-Bar geentert. Hatte ich schon gesagt, dass das ein Ritual – hatte ich, OK. Viel Wasser läuft die Kehle runter.

Nach dem Stopp wieder auf die Strecke und gleich runter von der Monsterstraße. Einmal um den Block, das Navi befragt, was mit direkter Sonneneinstrahlung irgendwie den vorherigen kurzen Stopp komplett hinfällig macht, und dann doch die richtige kleine Straße gefunden. Schön sind sie, aber die Umgebung bietet nicht wirklich viel. Dann hört die kleine Straße einfach vor einem Campingplatz auf. Wir nehmen das zum Anlass, eine weitere Pause einzuläuten. Im Schatten.

Vor Brindisi wieder auf die Rennstrecke, damit umfahren wir die große Stadt. Die Carabinieri fahren viel zu langsam vor mir her. Rechts vorbei will ich dann doch nicht, also mit kurzem Schwung an denen vorbei. Nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam, man will ja keine Aufmerksamkeit erregen. Dann sind sie weg, aber von hinten kommt der Einwand, dass sie sich im toten Winkel befinden. Hatte ich schon erwähnt, dass mit zunehmender Tageszeit der tote Winkel sich deutlich vergrößert? Links von mir wird mein Motorrad von dem vorher überholten Fahrzeug mit blauer Leuchtreklame auf den Zustand von Reifen, Fahrern und Gepäck inspiziert. Dann geben sie Gas, wir geben wohl keinen Grund zum Anhalten ab.

Nächste Abfahrt ist unsere, wir sind heute fast zu früh dran, es ist erst 14:00h trotz der 300 KM und wir können erst ab 3 Uhr einchecken. Ich versuche eine Pause einzuplanen, aber der Industriebau direkt auf unserer Route will nicht so richtig zu einem Stopp einladen. Kurze Zeit später passt es aber, wir kommen bis ans Wasser heran. Isabella geht bis zum Strand runter, ich beaufsichtige unser Gefährt samt Ladung. Als Schattenparker, klar.

Die letzten 15 KM bummeln wir die Straße entlang. In der Ortschaft geht es rechts ab in eine kleine Straße, dass Navi sagt Ziel erreicht. Von der Unterkunft weit und breit nichts zu sehen. Ich erinnere mich, dass die ein oder andere Adresse nicht eindeutig im Navi einzugeben war, dies hier war so etwas. Wir fahren die Straße weiter, die Ortschaft endet, wir fahren weiter. Am Ende der Straße sehen wir ein großes Anwesen, es ist unseres. Dort angekommen verwehren ein Gatter und ein großer Hund uns die Einfahrt. Klingeln ist leider erfolglos, so nimmt meine Unterkunftsplanerin das Mobiltelefon in die Hand. Wie hat man das eigentlich früher gemacht? Gab es da noch Telefonhäuschen? Wenn ja, woher bekam man dann die speziellen Telefonmünzen, die früher hier üblich waren?

Es regt sich etwas, das Tor öffnet sich und der Hund verstummt bzw. läuft interessiert hinter uns her. Ich werde mit dem Motorrad in Richtung Innenhof gelotst und darf die Kiste überdacht am Haus parken. Welch ein Luxus.

Ein großes Anwesen, besser ein Gutshof, dass sich erst im inneren des Grundstückes nochmals größer darstellt. Wir sind überwältigt. Alles schnell im Zimmer abgeladen, umgezogen und wieder raus auf das Gelände.

Nachdem alles inspiziert wurde, gehen wir auf die Küche zu und bestellen uns zwei richtig kühle Gläser Wein. Überdacht, umgeben von vielen Katzen, blauem Himmel, richtig guter Luft und dem Gefühl, endlich den Lederklamotten entkommen zu sein, ist einfach der Himmel auf Erden. Kann man das noch toppen? Wir müssen zugeben, ja, das kann man. Denn zum Wein wird uns noch ein Teller Antipasti gereicht. Es bleibt nicht bei dem einem Glas.

Kurz unter die Dusche, etwas langlegen, dann wird es dunkel. Wir haben uns zum Essen angemeldet, die Auswahl ist mit oder ohne Secondo, alles andere wird aus der Küche vorgegeben. Und es wird auch hier wieder eine tolle Überraschung, diesmal mit einem Rosé dazu.

Wir können uns kaum noch bewegen, dennoch werden Früchte zum Nachtisch gereicht. Völlig zufrieden mit dem Tag geht es in die Horizontale.

Weiter mit Teil 3